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Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Dazu hat das Landgericht Dortmund am 24.01.2024, 3 O 340/23, entschieden. Und zwar habe die Bank ohne Hinzutreten weiterer, außergewöhnlicher Umstände die Motivation für die Abhebung eines hohen Bargeldbetrages nicht zu hinterfragen. Dies würde auch dann gelten, wenn hoher Bargeldbetrag durch einen nervös wirkenden älteren Menschen erstmalig abgehoben würde. Im Gegenteil sei die Bank aus dem Girovertrag ihrem Kunden bzw. ihrer Kundin gegenüber zur Ausführung des Auftrags verpflichtet, § 675o Abs. 2 BGB.

Und zwar sei gemeinhin anerkannt, dass sich ein Zahlungsdienstleister in der Regel schon wegen der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge auf eine rein formale Prüfung des Inhalts, ob der ihm erteilte Auftrag seinem äußeren Erscheinungsbild nach in Ordnung ist, beschränken dürfe. Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Es würde die Prüf-, Warn- und Schutzpflichten von Kreditinstituten bei weitem überspannen, wollte man ihnen abverlangen, jede – und sei es: erstmalige – Abhebung eines hohen Bargeldbetrages durch einen älteren – und sei es: nervös wirkenden – Menschen auf Plausibilität zu überprüfen.

Was ist passiert?

Der Sachverhalt:

Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Zu dieser Frage hatte das LG Dortmund über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Barabhebung von 25.000,00 €

Bei der beklagten Bank unterhält die heute 67-jährige Klägerin ein privates Girokonto. Und zwar hatte die Klägerin in der Vergangenheit üblicherweise kleinere Bargeldbeträge zwischen 30 und 300 € von ihrem Girokonto abgehoben. Sie rief dann am 17.7.2023 gegen 15:55 Uhr im KundenDialogCenter der Beklagten an und fragte, ob sie am selben Tag noch 25.000 € in bar abheben könne. Weil in solche Bargeldabhebungen in kleineren Filialen der Beklagten vorab angemeldet werden müssen, musste zunächst die Bereitstellung des Bargeldbetrages mit der Hauptstelle der Beklagten geklärt werden. Kurz nach 16:30 Uhr erschien die Klägerin dann in der Hauptstelle der beklagten Bank. Obwohl der rechte Flügel der Eingangstür bereits geschlossen war, händigte der zuständige Mitarbeiter in der Hauptstelle ihr die 25.000,00 € trotzdem noch aus.

Behauptung der Klägerin

Die Klägerin behauptete später, dass sie Opfer eines sog. „Enkel-Tricks“ geworden sei. Und zwar habe sich an jenem Tag ein Anrufer am Telefon mit einer unterdrückten Rufnummer als Polizeibeamter vorgestellt und angegeben, dass ihre Tochter einen schweren Verkehrsunfall verursacht habe. Dann habe sie für die Entlassung aus dem Polizeigewahrsam beim LG eine Kaution hinterlegen müssen. Dies habe sie dann auch getan. Und zwar habe sie das Geld vor dem Gebäude einem Mitarbeiter der (inzwischen geschlossenen) Gerichtskasse übergeben.

Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Auffassung der Klägerin

Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Und zwar vertrat die Klägerin die Ansicht, dass sich für die Mitarbeiter der Bank anhand der gesamten Umstände – Wunsch einer Seniorin „mit altmodischem Vornamen“ nach sofortiger Abhebung eines nach ihrem bisherigen Abhebeverhalten ungewöhnlich hohen Geldbetrages – hätte förmlich aufdrängen müssen, dass die Klägerin Opfer eines „Enkel-Tricks“ sein könnte. Und zwar hätten die Mitarbeiter der beklagten Bank, die mit derartigen betrügerischen Phänomenen vertraut seien, nachfragen und die Klägerin auf die Gefahren hinweisen müssen. Insoweit bestünden Prüf-, Warn- und Schutzpflichten, die die Beklagte schuldhaft verletzt habe. Deshalb hafte die beklagte Bank der Klägerin auf Schadensersatz.

Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Dazu das LG Dortmund

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Pflicht der Bank zur Ausführung des Zahlungsauftrags

Einzig denkbare Anspruchsgrundlage sei ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die beklagte Bank aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 S. 1 BGB.  Allerdings liege keine Verletzung einer (Neben-)Pflicht aus dem Girovertrag vor. Vielmehr sei die Beklagte nach § 675o Abs. 2 BGB zur Ausführung des ihr erteilten Zahlungsauftrages gesetzlich verpflichtet.

Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Beschränkung der Prüfung auf rein formale Aspekte

Und zwar sei gemeinhin anerkannt, dass sich ein Zahlungsdienstleister in der Regel schon wegen der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge – auch bei Bargeldauszahlungen am Schalter – auf eine rein formale Prüfung des Inhalts, ob der ihm erteilte Auftrag seinem äußeren Erscheinungsbild nach in Ordnung ist, beschränken dürfe. Zwar sei das Bestehen von Warn- und Hinweispflichten des Kreditinstituts ebenso anerkannt. Allerdings seien diese auf seltene Ausnahmefälle beschränkt.

Und zwar bestehe eine Beschränkung auf solche Ausnahmefälle, dass Treu und Glauben es nach den Umständen des Einzelfalls gebieten, vor Ausführung des Auftrags vorherige Rückfrage bei dem abhebewilligen Bankkunden zu halten, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren. Zur Vermeidung übermäßiger Belastung der Banken und auch um Bargeldabhebungen nicht übermäßig zu erschweren, würden sich die Warn- und Hinweispflichten auf objektive Evidenz aufgrund massiver Verdachtsmomente beschränken. Und zwar sollten zusätzliche Prüfungspflichten gerade nicht begründet werden.

Verpflichtung der Bank zur Ausführung des Auftrags aus dem Girovertrag

Wenn nun ein Bankkunde/eine Bankkundin auch bei Vermittlung eines nervösen Eindrucks am Schalter die Barauszahlung eines für ihn bzw. sie unüblich hohen Betrages verlangt, habe die Bank ohne Hinzutreten weiterer, außergewöhnlicher Umstände die Motivation für die Abhebung nicht zu hinterfragen. Und zwar sei die Bank im Gegenteil ihrem Kunden bzw. ihrer Kundin gegenüber aus dem Girovertrag zur Ausführung des Auftrags verpflichtet, § 675o Abs. 2 BGB.

Schaden erst mit Weitergabe des Geldes entstanden

Als Kontoinhaberin sei die Klägerin berechtigt, Bargeld – auch in dieser Höhe – abzuheben. Hier sei der Schaden hier auch nicht mit der eigentlichen Bargeldabhebung, sondern erst mit der Weitergabe des Geldes an den nichtberechtigten vermeintlichen Gerichtskassenmitarbeiter entstanden.

Keine Erkennbarkeit des Beweggrundes

Der innere Beweggrund der Klägerin für die Abhebung des Geldes ist gerade nicht nach außen hervorgetreten und war damit für die Beklagte auch nicht erkennbar. Schutzpflichten einer Bank bei Enkel-Trick? Im vorliegenden Fall lehnte das LG das Bestehen solcher Schutzpflichten für die beklagte Bank ab. Und zwar würde es die Prüf-, Warn- und Schutzpflichten von Kreditinstituten bei weitem überspannen, wollte man ihnen abverlangen, jede – und sei es: erstmalige – Abhebung eines hohen Bargeldbetrages durch einen älteren – und sei es: nervös wirkenden – Menschen auf Plausibilität zu überprüfen.

Quellen: Verlag Dr. Otto Schmidt vom 6.2.2024; Justiz NRW;

https://www.bankundkapitalmarkt.de/de/mitgliederbereich/urteile/lg-dortmund-v-24-1-2024-3-o-340-23-enkel-trick-wie-weit-gehen-die-warn-pruef-und-schutzpflichten-einer-bank; Juris das Rechtsportal

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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