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Das BVerwG hat am 07.12.2016, Az. 10 C 11.15, entschieden, dass die Industrie- und Handelskammer der Berechnung des Kammerbeitrags einer kammerzugehörigen Klinik die Kennzahlen ihres gesamten Unternehmens zugrunde legen darf, und zwar auch wenn sie für den Krankenhausbetrieb als den überwiegenden Teil ihrer wirtschaftlichen Betätigung von der Gewerbesteuer befreit ist.

Was ist passiert?

Als Trägerin mehrerer Krankenhäuser wendet sich die die Klägerin gegen die vorläufige Festsetzung der Beiträge zur beklagten Industrie- und Handelskammer für die Jahre 2011 und 2012. Neben dem Krankenhausbetrieb, der von der Gewerbesteuer befreit ist, umfasst ihre wirtschaftliche Tätigkeit gewerbesteuerpflichtige Nebenbetriebe (Betrieb einer Cafeteria, Vermietungsleistungen, Leistungen des ambulanten Pflegedienstes). In den Jahren 2011 und 2012 entfielen auf die Nebenbetriebe jeweils weniger als 5 v.H. ihres Gesamtumsatzes. Auf der Grundlage der Beschäftigtenzahl, des Umsatzes und der Bilanzsumme des gesamten Unternehmens der Klägerin setzte die Beklagte für beide Jahre den Kammerbeitrag jeweils vorläufig auf 10.000 Euro fest. Die Klägerin machte mit ihrer Klage geltend, bei der Beitragsberechnung sei nur derjenige Teil ihres wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu berücksichtigen, der nicht von der Gewerbesteuer befreit sei.
Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen, VG Braunschweig, Urt. v. 29.11.2012, Az. 1 A 110/11, und OVG Lüneburg, Urt. v. 18.06.2015, Az. 8 LB 191/13, Erfolg. Das Berufungsgericht hatte die Beitragsbescheide für rechtswidrig gehalten, weil sie das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitssatz verletzten.

Was sagt das BVerwG dazu?

Der Revision der Beklagten hat das BVerwG stattgegeben und die Klage abgewiesen.

Die Veranlagung der Klägerin zum Kammerbeitrag auf der Grundlage der Kennzahlen ihres gesamten Unternehmens einschließlich des von der Gewerbesteuer befreiten Betriebsteils verstößt nach Auffassung des BVerwG nicht gegen das Äquivalenzprinzip. Dieses verlange, dass die Höhe des Beitrags nicht in einem Missverhältnis zu dem Vorteil stehen darf, den er abgelten soll, und einzelne Kammermitglieder im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig belastet werden dürfen. Der Vorteil, den das Kammermitglied aus der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer ziehe, bestehe insbesondere darin, dass die Kammer die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben erfülle und das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft wahrnehme. Zwar sei der Krankenhausbetrieb der Klägerin nach § 3 Nr. 20 Buchst. b des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer befreit. Sinn und Zweck dieser Befreiung sei es, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten. Die Befreiung des Krankenhausbetriebes von der Gewerbesteuer ändere aber nichts daran, dass die Klägerin mit ihrem gesamten Unternehmen gewerblich tätig sei. Der Vorteil der Aufgabenwahrnehmung durch die Industrie- und Handelskammer komme deshalb auch dem gewerbesteuerfreien Krankenhausbetrieb der Klägerin zugute. Auch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzten die Beitragsbescheide nicht.

 

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 99/2016 v. 07.12.2016 und Juris das Rechtsportal

 

RH