Das OLG Stuttgart hat am 04.05.2016, Az. 9 U 230/15, erneut einer Bausparerin Recht gegeben, die sich gegen die Kündigung ihrer Bausparverträge wehrt.
Was ist passiert?
Die Klägerin schloss 1999 zwei Bausparverträge über 160.000 DM und 40.000 DM ab. Diese wurden im Juli 2001 zuteilungsreif; die Klägerin nahm jedoch kein Bauspardarlehen in Anspruch. Der Zinssatz für das Bausparguthaben betrug jeweils 2,5% p.a. und konnte bei Verzicht auf das Bauspardarlehen oder Wahl eines höher verzinslichen Bauspardarlehens um einen Bonuszins von 2,0% p.a. erhöht werden. Beide Verträge sind nur zu etwa Dreiviertel angespart. Im Januar 2015, also mehr als 13 Jahre nach Zuteilungsreife, kündigte die Bausparkasse die Bausparverträge.
Der Fall weicht gegenüber dem am 30.03.2016 von demselben Senat des OLG Stuttgart entschiedenen Fall (9 U 171/15) insoweit ab, als die Bausparerin nach den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB), die diesen Verträgen zugrunde liegen, nur bis zum Erreichen eines Mindestsparguthabens von 50% der Bausparsumme zur Ansparung verpflichtet ist. § 5 Abs. 1 der für den Vertrag maßgeblichen ABB lautet: „Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zum Erreichen des gewählten Mindestguthabens (§ 11 Abs. 1) zum Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.“
Was sagt das OLG Stuttgart dazu?
Auch in diesem Fall hielt das OLG Stuttgart die Kündigungen der Bausparkasse für unberechtigt.
Die Bausparkasse kann sich nach Auffassung des Oberlandesgerichtes nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen kann. Die Vorschrift sei auf Bausparverträge in der sog. Ansparphase, bei denen der Bausparer der Bausparkasse ein Darlehen gewähre, nicht anwendbar. Das Gesetz bezwecke den Schutz von Darlehensnehmern, die dem Zinsbestimmungsrecht der Darlehensgeber ausgesetzt seien. Dieser Schutzzweck treffe auf das sog. Passivgeschäft der Bausparkassen nicht zu. Diese seien als Darlehensnehmer in der Ansparphase nicht schutzbedürftig, weil sie als gewerbliche Kreditinstitute die Zinssätze und die maximale Laufzeit der Verträge in ihren ABB selbst bestimmten. Sie hätten es bei der Zinsfestlegung versäumt, durch geeignete Bedingungen eine unerwünscht lange Laufzeit auszuschließen. Das daher freiwillig übernommene Zinsrisiko könne nicht unter Berufung auf gesetzliche Kündigungsvorschriften auf die Bausparer abgewälzt werden.
Weil die Frage der Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf zuteilungsreife Bausparverträge grundsätzliche Bedeutung habe, hat das OLG Stuttgart die Revision zum BGH zugelassen. Weiter teilt das Oberlandesgericht mit, dass weitere für den 04.05.2016 bestimmte Verhandlungstermine nicht stattgefunden hätten. Teilweise seien die Berufungen zurückgenommen worden, teilweise seien die Termine wegen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen auf Wunsch der Parteien aufgehoben worden.
Wie geht es weiter?
Es ist zu erwarten, dass die Bausparkasse gegen das Urteil Revision einlegt. Dann bleibt die Entscheidung des BGH, wie auch in dem am 30.03.2016 entschiedenen Fall, abzuwarten.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 04.05.2016 und Juris das Rechtsportal
RH