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LG Düsseldorf, Urt. v. 24. November 2010 – 12 O 521/09

Das öffentliche Zugänglichmachen eines urheberechtlich geschützten Musiktitels in einem Filesharing-System („Musik-Tauschbörse“) begründet einen Schadensersatzanspruch in Höhe von € 300,00 pro Titel.
(Leitsatz des Bearbeiters)

Der Fall:
Die Parteien stritten um Schadensersatz und Abmahnkosten.

Die Klägerinnen hatten zum DSL-Anschluss des Beklagten festgestellt, dass hierüber 4 Musikaufaufnahmen, an denen sie die Rechteinhaberschaft beanspruchten, über ein so genanntes Filesharing-Netzwerk zum Download angeboten worden waren. Der Beklagte hatte im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens eingeräumt, dass die Verstöße „offensichtlich von [fusion_builder_container hundred_percent=“yes“ overflow=“visible“][fusion_builder_row][fusion_builder_column type=“1_1″ background_position=“left top“ background_color=““ border_size=““ border_color=““ border_style=“solid“ spacing=“yes“ background_image=““ background_repeat=“no-repeat“ padding=““ margin_top=“0px“ margin_bottom=“0px“ class=““ id=““ animation_type=““ animation_speed=“0.3″ animation_direction=“left“ hide_on_mobile=“no“ center_content=“no“ min_height=“none“][seinem] Anschluss geschehen“ waren, er die Dateien aber nicht heruntergeladen hatte.

Die Klägerinnen begehrten die Verurteilung des Beklagten es zu unterlassen, die Musikaufnahmen als Datensätze auf einem Computer zum Abruf durch andere Teilnehmer von Filesharing-Systemen über das Internet bereitzustellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zudem forderten sie Schadensersatz in Höhe von € 300,00 je Titel und die Zahlung von knapp € 2.000 Abmahnkosten.

Die Entscheidung:
Das Landgericht Düsseldorf hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Werde ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dieser Person für die Rechtsverletzung verantwortlich sei. Daraus ergebe sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen.

Dieser sekundären Darlegungslast sei der Beklagte nicht nachgekommen. Sein Vortrag beschränke sich auf die unsubstantiierte Behauptung des Handelns Dritter.

Der Schadensersatzanspruch ergebe sich dem Grunde nach aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG. Der Beklagte hafte nach vorstehenden Ausführungen als Täter.

Die Höhe des Schadensersatzes sei auf den geforderten Betrag zu schätzen. Dabei erscheine der von den Klägerinnen herangezogene GEMA-Tarif VR-W I, der für bis zu 10.000 Streams eine Mindestvergütung von € 100,00 vorsehe, als Ausgangspunkt der Schätzung geeignet. Da Streams im Gegensatz zu den vom Beklagten ermöglichten Downloads nicht auf eine dauerhafte Speicherung ausgelegt sind, sei zunächst ein Aufschlag von 50 % gerechtfertigt. Schließlich lasse die unkontrollierbare Zahl möglicher Tauschbörsen-Teilnehmer und Downloads und der Umstand, dass die Ermöglichung eines Downloads in einem Filesharing-Netzwerk mittelbar zu einer Vervielfachung der Verbreitung führt, weil die Filesharing-Programme in den Grundeinstellungen vorsehen, dass eine heruntergeladene Datei ihrerseits sofort wieder zum Abruf bereitgehalten wird, eine Verdoppelung dieses Betrags auf eine Summe von € 300,00 pro Titel als angemessen erscheinen.

Demgegenüber sei der GEMA-Tarif VR-OD 5, der eine Vergütung von 15 % des Endverkaufspreises pro Download, mindestens 0,1278 € vorsieht, vor dem Hintergrund der Gegebenheiten des Filesharings erheblich weniger geeignet. Dieser Tarif sei schon von seinem Gegenstand her kein unmittelbar auf den zu beurteilenden Sachverhalt anwendbarer Tarif. Bei einer nichtkommerziellen und überdies kostenlosen Abgabe fehle es bereits am Parameter Endverkaufspreis. Auch erscheine die Mindestvergütung nicht angemessen. Es könne nicht angenommen werden, dass eine kostenlose Abgabe zum Betrag der Mindestvergütung lizenziert werden würde, denn die Möglichkeit, eine Aufnahme geschenkt zu erhalten, beeinträchtige den Absatz kostenpflichtiger Angebote und würde vernünftige Parteien veranlassen, für die kostenlose Abgabe einen deutlich höheren Lizenzbetrag zu fordern.

Der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten sei aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG (bzw. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG a.F.) begründet, auf angemessener Grundlage ermittelt und rechnerisch richtig.

Konsequenzen für die Praxis:
Das Urteil liegt hinsichtlich der Frage der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers auf einer Linie mit der bisherigen Rechtsprechung zur Haftung dem Grunde nach.

Die Urteile zur Höhe des Schadensersatzes in Filesharing-Fällen sind allerdings bislang sehr unterschiedlich.

Das Landgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 08. Oktober 2010 – 308 O 710/09 unter Heranziehung des GEMA-Tarifs VR-OD 5einen Schadensersatzbetrag in Höhe € 15,00 je Titel angenommen. Die dortigen Titel waren allerdings bereits 12 und 18 Jahre alt. Das AG Frankfurt a.M. hat inzwischen mehrfach einen Wert von 150,- EUR pro Werk für angemessen gehalten (Urt. v. 01. Februar 2010 – 30 C 2353/09-75; Urt. v. 04. Februar 2009 – 29 C 549/08-81; Urt. v. 16. Oktober 2009 – 31 C 1684/09-23).

Soweit das Gericht meint, der vom LG Hamburg herangezogene GEMA-Tarif VR-OD 5 könne keine Anwendung finden, so überzeugt die Begründung dessen nur bedingt. Denn jedenfalls ist auch der GEMA-Tarif VR-W I kein unmittelbar auf den zu beurteilenden Sachverhalt anwendbarer Tarif: beim Filesharing handelt es sich nämlich auch nicht um ein Streaming-Angebot.
(LH)[/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]