Vergütung für Leistungen medizinischer Behandlungspflege im Pflegeheim? Dazu erfolgte zum 01.04.2007 eine Neufassung des § 84 Abs. 1 SGB XI.
Rechtszustand zu § 84 Abs. 1 SGB XI vor dem 01.04.2007
Bis zum 01.04.2007 waren Leistungen medizinischer Behandlungspflege, die für Heimbewohner erbracht wurden, mit den Pflegesätzen abgegolten. Und zwar lautete die entsprechende Regelung des § 84 Abs. 1 SGB XI:
„(1) Pflegesätze sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die voll- oder teilstationären Pflegeleistungen des Pflegeheimes sowie für medizinische Behandlungspflege und soziale Betreuung.“
Der Betreiber eines Heimes konnte also neben den Pflegeleistungen keine gesonderte Vergütung für im Rahmen der Pflege erbrachte medizinische Behandlungspflege verlangen.
Rechtszustand zu § 84 SGB XI seit dem 01.04.2007
Im Zuge des zum 01. April 2007 in Kraft getretenen GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurden eine Änderung zum Abgeltungsbereich der Pflegesätze bei der Durchführung medizinischer Behandlungspflege in Pflegeheimen im SGB V und SGB XI vorgenommen. Die Vorschrift des § 84 Abs. 1 SGB XI hat seitdem folgenden Wortlaut:
„Pflegesätze sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die teil- oder vollstationären Pflegeleistungen des Pflegeheimes sowie für die soziale Betreu-ung und, soweit kein Anspruch auf Krankenpflege nach § 37 des 5. Buches besteht, für die medizinische Behandlungspflege. In den Pflegesätzen dürfen keine Aufwendungen berücksichtigt werden, die nicht der Finanzierungszuständigkeit der sozialen Pflegeversicherung unterliegen.“
Zugleich wurden die in § 84 Abs. 1 SGB XI erwähnten Ansprüche der Versicherten auf Krankenpflege erweitert.
Änderung § 37 Abs. 2 SGB V
und § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V wie folgt gefasst:
„Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des 11. Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben.“
Änderung der Richtlinien über die Verordnung häuslicher Krankenpflege des Gemeinsamen Bundesausschusses
Entsprechend den geänderten gesetzlichen Maßgaben wurden dann per 11. Juni 2008 auch die Richtlinien über die Verordnung häuslicher Krankenpflege des Gemeinsamen Bundesausschusses unter Ziffer I.6. wie folgt angepasst:
„Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V).
Dies ist der Fall, wenn die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft erforderlich ist, insbesondere weil behandlungspflegerische Maßnahmen in ihrer Intensität oder Häufigkeit unvor-hersehbar am Tag oder in der Nacht erfolgen müssen oder die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes i.S.d. Nr. 8 der Anlage am Tag und in der Nacht erforderlich ist.“
Nach den genannten Änderungen der Vorschriften des SGB V und XI und der Richtlinien häusliche Krankenpflege ist also nunmehr eine gesonderte Vergütung von Leistungen medizinischer Behandlungspflege in Pflegeheimen unter den genannten Voraussetzungen möglich.
Weitere Punkte, die infolge der Änderung berührt wurden
Finanzierungszuständigkeit
Die Finanzierungszuständigkeit dürfte entsprechend der Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 SGB V bei der Krankenkasse liegen.
Welches Personaldarf Behandlungspflegeleistungen erbringen?
Offen gelassen hat der Gesetzgeber jedoch zum einen die Frage, durch welches Personal die Behandlungspflegeleistungen zu erbringen sind bzw. erbracht werden können.
Da es sich um im Zuständigkeitsbereich der Krankenkassen liegende Leistungen handelt, wäre rein formal nur die Leistungserbringung durch das Personal eines ambulanten Pflegedienstes zulässig. Und zwar,weil nur ein ambulanter Pflegedienst über einen Vertrag nach §§ 132, 132a SGB V verfügt, der ihn zur Leistungserbringung berechtigt.
Da die Leistung jedoch im unmittelbaren Sachzusammenhang mit der Pflegeleistung steht, ist es unbedingt ratsam, im Hinblick auf die Berechtigung des im Pflegeheim tätigen Personal zur Leistungserbringung mit der Krankenkasse eine gesonderte Vereinbarung zu treffen.
Unklar ist zum anderen, in welcher Höhe eine Vergütung zu zahlen ist.
Nach dem derzeit geltenden Rahmenvertrag gemäß §§ 132 und 132a SGB V zur Erbringung von häuslicher Krankenpflege und Haushaltshilfe ist unter § 1 nur geregelt, dass die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Versorgung von häuslicher Krankenpflege in der jeweils gültigen Fassung zu berücksichtigen sind.
Entgelthöhe
Regelungen zur Entgelthöhe für Leistungen des Heimbetreibers nach § 84 Abs. 1 SGB XI sind nicht getroffen. Ohnehin würde der Rahmenvertrag für einen Heimbetreiber auch nicht unmittelbar bindend sein können.
Es wäre daher auf jeden Fall sinnvoll, auch eine gesonderte Vereinbarung mit den Krankenkassen zu den Vergütungsmodalitäten anzustreben.
Auch im Falle des Abschlusses eines Gesamtversorgungsvertrages nach § 72 Abs. 2 S. 1 2. Hs. SGB XI mit dem Träger der Pflegeeinrichtung dürfte sich hinsichtlich der Fragen nichts anderes ergeben. Der Gesamtversorgungsvertrag betrifft nämlich wiederum nur den Bereich der Pflege (SGB XI) und nicht den im Rahmen des § 84 Abs. 1 S. 1 SGB XI angesprochenen Bereich der medizinischen Behandlungspflege (SGB V).
Vergütung für Leistungen der Behandlungspflege im Pflegeheim?
Dazu siehe auch: https://raheinemann.de/haben-bewohner-von-demenz-wgs-anspruch-auf-behandlungspflege/
und weiter:
Genehmigung für Personenbeförderung einer ambulanten Reha?
(RH)