Patient Selbstzahler bei Irrtum über bestehende Krankenversicherung? Dazu hat das AG Halle (Saale) am 21.02.2008 – 93 C 2754/07 – entschieden. Wenn die Parteien des Krankenhausbehandlungsvertrages irrig vom Bestehen einer Krankenversicherung zugunsten des Patienten ausgehen, ist der Behandlungsvertrag nach den Grundsätzen von Treu und Glauben so anzupassen, dass der Patient verpflichtet ist, dass Krankenhausentgelt zu entrichten, sei das AG Halle.
Was ist passiert?
Aufgrund eines Sturzes mit seinem Fahrrad hatte sich der Beklagte verletzt. Der Kläger, ein Krankenhaus, nahm den Beklagten daraufhin zur stationären Behandlung auf. Dabei gingen die Beteiligten bei Aufnahme des seinerzeit erst 16-jährigen Klägers davon aus, der Beklagte über die Familienversicherung gesetzlich krankenversichert ist. Dagegen stellte sich nach Beendigung des Krankenhausaufenthaltes heraus, dass die zunächst angenommene Familienversicherung nicht bestand.
Patient Selbstzahler bei Irrtum über bestehende Krankenversicherung? Dazu das AG Halle (Saale):
Das AG Halle (Saale) hat der Klage des Krankenhausträgers stattgegeben.
Vergütungsanspruch gegen Patienten für Krankenhausbehandlung?
Der geltend gemachten Anspruch sei zunächst gemäß § 611 Abs. 1 BGB begründet.
Zur Zeit seiner Behandlung habe beim Beklagten zwar nur beschränkte Geschäftsfähigkeit vorgelegen. Mangels Klarstellung seitens des personensorgeberechtigten Vormunds sei jedoch von seiner Genehmigung gemäß § 108 Abs. 1 BGB auszugehen gewesen.
Im Übrigen sei nach Ansicht des AG Halle von einer Genehmigung des zwischenzeitlich volljährigen Beklagten auszugehen gewesen. Gegenteilige Anhaltspunkte seien nicht ersichtlich. Zumindest unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 108 Abs. 3 BGB zur Genehmigung verpflichtet.
Unerheblich sei außerdem der Irrtum der Parteien über das Bestehen einer gesetzlichen Krankenversicherung als Kostenträger für die Behandlungskosten. Wenn dem Behandlungsvertrag die Geschäftsgrundlage fehlt, so sei der Vertragsinhalt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben anzupassen.
Dabei trage der Beklagte das Risiko einer fehlenden Krankenversicherung. Die Sorge für den Versicherungsschutz des Patienten sei nicht Sache des Krankenhauses. Das Krankenhaus habe daher einen Anspruch auf das geforderte Behandlungsentgelt.
Vergütungsanspruch gegen Patienten für Krankenhausbehandlung?
Schließlich bestehe der Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung des Behandlungsentgeltes auch nach Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677 BGB). Die Behandlung des Beklagten habe dessen mutmaßlichem Willen entsprochen. Weil die Behandlung des Beklagten im öffentlichen Interesse lag, sei zudem ein entgegenstehender Wille sdes Beklagten gemäß § 679 BGB in jedem Fall unbeachtlich gewesen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Was lernen wir daraus?
Der Entscheidung des AG Halle ist zuzustimmen..
Das Gericht hat eine zutreffende Abwägung der beiderseitigen Interessen vorgenommen.
Regelmäßig hat nur der Patient Kenntnis über Bestehen oder Nichtbestehen einer Krankenversicherung und kann mögliche Schwierigkeiten durch Nachfrage bei der Krankenkasse beseitigen.
Als Behandler hat das Krankenhaus dagegen regelmäßig keinen Einblick in die persönlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse der Patienten. Sie kann auch aus praktischen Gründen daher auf korrekte Angaben des Patienten vertrauen.
Grundsätzlich dürfte auch für andere Leistungserbringer nichts anderes gelten und die Risikoverteilung in allen Fällen gleich sein. Dies mit der Folge, dass Patient das Zahlungsrisiko zu tragen hat.
Patient Selbstzahler bei Irrtum über bestehende Krankenversicherung?
Dazu siehe auch: https://raheinemann.de/kostenerstattung-krankenkasse-bei-knie-op-in-privatkrankenhaus/ und https://raheinemann.de/muessen-krankenhaeuser-erhaltene-aufwandspauschalen-zurueckerstatten/ und https://raheinemann.de/hat-krankenhaus-verguetungsanspruch-fuer-stationaere-rehabilitation/ und https://raheinemann.de/verguetungsanspruch-des-krankenhauses-trotz-op-durch-falschen-arzt/