Anspruch auf kostenlose Kopie der Patientenakte? Dazu hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 26.10.2023 – C-307/22 – entschieden. Und zwar haben Patienten/Patientinnen das Recht, kostenlos eine erste Kopie ihrer Patientenakte zu erhalten, so der EuGH. Auch dann hätten die Patienten/Patientinnen dieses Recht, wenn Regelungen in EU-Mitgliedsstaaten etwas anderes vorsehen würden.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Anspruch auf kostenlose Kopie der Patientenakte? Zu dieser Frage hatte der EuGH folgenden Sachverhalt zu beurteilen:
Ein deutscher Patient verlangt von seiner Zahnärztin eine Kopie seiner Patientenakte. Und zwar beabsichtigte der Patient, Haftungsansprüche wegen angeblicher Fehler bei seiner zahnärztlichen Behandlung geltend zu machen. Für die Zurverfügungstellung der Aktenkopie forderte die Zahnärztin eine (nach § 630g Abs. 2 S. 2 BGB vorgesehene) Erstattung der ihr entstehenden Kosten.
Der BGH
In dem sich ergebenden Rechtsstreit legte der BGH, Az. VI ZR 1352/20) dem EuGH am 29.03.2022 in diesem Zusammenhang verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Anspruch auf kostenlose Kopie der Patientenakte? Dazu der EuGH
Das in der DSGVO verankerte Recht
Und zwar haben dem EuGH zufolge Patienten/Patientinnen das Recht, kostenlos eine erste Kopie ihrer Patientenakte zu erhalten. Auch dann hätten die Patienten dieses Recht, wenn Regelungen in EU-Mitgliedsstaaten etwas anderes vorsehen würden, so der EuGH.
Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 DSGVO
Anspruch auf kostenlose Kopie der Patientenakte? Art. 15 Abs. 3 DSGVO hat folgenden Wortlaut:
„Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt“
Wann kann ein Entgelt gefordert werden?
Anspruch auf kostenlose Kopie der Patientenakte? Die oder der für die Datenverarbeitung Verantwortliche habe dem Patienten/der Patientin auf Verlangen eine Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO zur Verfügung zu stellen, so der EuGH. Und zwar habe der Patienten/die Patientin insoweit Anspruch auf kostenlose Zurverfügungstellung einer ersten Kopie seiner/ihrer Patientenakte. Dieses Recht bestünde auch dann, wenn Regelungen in EU-Mitgliedsstaaten etwas anderes vorsehen würden.
Im Übrigen könne die bzw. der für die Datenverarbeitung Verantwortliche nach Auffassung des EuGH ein Entgelt nur dann für die Zurverfügungstellung der Patientenakte verlangen, wenn die oder der Betroffene bereits eine Aktenkopie unentgeltlich erhalten habe und erneut einen Herausgabeantrag stelle.
Weitere kostenlos zur Verfügung zu stellende Unterlagen
Außerdem stehe Patientinnen und Patienten dem EuGH zufolge im Übrigen das Recht zu, eine vollständige Kopie der in der Behandlungsakte befindlichen Dokumente, die personenbezogene Daten beinhalten, zu erhalten, wenn dies zum Verständnis der in diesen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich sei.
Anspruch auf kostenlose Kopie der Patientenakte? Begründung nicht erforderlich
Und zwar seien Patientinnen und Patienten außerdem nicht verpflichtet, Anträge auf Erteilung einer Aktenkopie zu begründen, so der EuGH.
Quellen: newsletter@arge-medizinrecht.de und Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26.10.2023 – C-307/22 –
Anspruch auf kostenlose Kopie der Patientenakte? Fragen Sie Ihren Fachanwalt für Medizinrecht in unserer Kanzlei
Siehe auch:
Elektronische Patientenakte ist da
Schadensersatz wegen unterlassener ärztlicher Risikoaufklärung?
Schmerzensgeld bei Befruchtung mit falschem Sperma?
Schmerzensgeld bei Impotenz des Partners?
Hohes Schmerzensgeld für gehirngeschädigtes Kind
Verursacht Verhütungspille „Yasminelle“ Gesundheitsschäden?
Freiheitsstrafe wegen Aufklärungsfehler bei Schönheitsoperation?
Aufklärungspflicht über Herzinfarktrisiko eines Medikaments?