Mehr Infos

Anspruch des Krankenhauses auf Ersatz von Verzugsschaden? Dazu hat das BSG am 15.11.2007, B 3 KR 1/07 R, entschieden. Und zwar ist eine Krankenkasse grundsätzlich zum Ersatz des durch die verspätete Zahlung der Krankenhausvergütung entstandenen Verzugsschadens verpflichtet, so das BSG. Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Geltendmachung einer Vergütungsforderung würden allerdings in einfachen Fällen keinen ersatzfähigen Verzugsschaden darstellen.

Was ist passiert?

Die Klägerin betrieb ein zur gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus und hatte dort einen Versicherten der beklagten Krankenkasse behandelt. Zwischen den Beteiligten kam es nachfolgend zu einer Auseinandersetzung über den zeitlichen Umfang der Kostenübernahmeerklärung der Beklagten. Damit einher gingen zugleich Differenzen über die Höhe der von der Beklagten zu tragenden Behandlungskosten.

Die Klägerin setzte der Beklagten eine Zahlungsfrist und übertrug nach deren fruchtlosem Verstreichen die Geltendmachung der Vergütungsforderung einer Rechtsanwaltskanzlei. Die Rechtsanwälte mahnten die Beklagte mehrfach. Daraufhin zahlte die Beklagte die begehrten Behandlungskosten. Eine Zahlung der zugleich in Rechnung gestellten Rechtsanwaltskosten erfolgte aber nicht.

Die Klägerin hat daraufhin Klage auf Erstattung der Anwaltskosten erhoben und dazu geltend gemacht, die Beklagte habe Anlass zur anwaltlichen Beitreibung der Forderung gegeben.

Sowohl das Sozialgericht wie auch das Landessozialgericht haben die Klage abgewiesen: Auch wenn die Beklagte in Verzug gewesen sei, bestehe kein Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten als Verzugsschaden. Wegen der öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten sei hierfür keinen Raum.

Anspruch des Krankenhauses auf Ersatz von Verzugsschaden? Dazu das BSG:

Die Entscheidung

Das Bundessozialgericht hat die Revision der klagenden Krankenhausträgerin für unbegründet erachtet und die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt.

Grundsätzliches zum Anspruch auf Ersatz von Verzugsschaden

Zwar stünde einem Krankenhaus – soweit landesvertraglich nichts anderes vereinbart ist – bei verspäteter Zahlung seiner Vergütung in gemäß § 69 SGB V zulässiger, entsprechender Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Verzugsvorschriften der §§ 280 ff. BGB dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens zu. Dennoch bildeten nach Ansicht des BSG die Rechtsanwaltsgebühren keinen ersatzfähigen Verzugsschaden. Und zwar deswegen, weil es einem Krankenhaus im Rahmen seiner Rechtsbeziehungen zu einer Krankenkasse zugemutet werden könne, einen Vergütungsanspruch vorgerichtlich mit eigenen Mitteln geltend zu machen. Dies gelte jedenfalls in einfach gelagerten Fällen, wie dem vorliegenden.

Schon bei unmittelbarer Anwendung der §§ 280 Abs. 1, 2 und 286 BGB im Zivilrecht sei ein in Zahlungsverzug geratener Schuldner nicht generell und in jedem Falle zum Ersatz von Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden verpflicht. Zwar könne nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich jeder, der von einer vertragsbrüchigen Partei geschädigt worden ist und sich zur Anmeldung und Regulierung des Schadens eines Rechtsanwalts bediene, die Erstattung der außergerichtlichen Anwaltsgebühren beanspruchen.

Ersatz von Rechtsanwaltskosten nur bei Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts

Voraussetzung sei jedoch, dass die Rechtsanwaltskosten aus Sicht des Gläubigers und mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig seien. Daran fehle es, wenn die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung nach Grund und Höhe derart klar sei, dass kein vernünftiger Zweifel bestehe, dass der Schuldner seiner Ersatzpflicht ohne Weiteres nachkommen werde. Dann sei dem Gläubiger zuzumuten, die zur Schadensabwicklung erforderlichen Schritte zunächst selbst einzuleiten.

Die Vorschriften betreffend das öffentlich-rechtliche Verwaltungsverfahren gewährten, so das BSG weiter, die Erstattung von Anwaltsgebühren erst ab Einschaltung des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren und dies auch bei erfolgreichem Widerspruch nur, wenn die Zuziehung notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X, § 80 Abs. 1 VwVfG). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten sei deshalb nicht uneingeschränkt gerechtfertigt. Vielmehr nur, wenn die Durchführung eines fairen, auf Chancengleichheit und angemessene Repräsentation der Interessen des Beteiligten gerichteten Verfahrens dies gebiete.

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe könne in einfach gelagerten Abrechnungsfällen wie dem vorliegenden von der Krankenkasse kein Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten als Verzugsschaden beansprucht werden.

Im Hinblick auf die verwaltungsmäßige Abwicklung der Leistungsbeziehung und der daraus resultierenden beiderseitigen Verpflichtung, einen sachlich nicht gebotenen Aufwand beim Forderungseinzug zu vermeiden, sei die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung einer Vergütungsforderung auch bei Verzug der Krankenkasse jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn dem Vergütungsanspruch keine Rechtsfragen von besonderen Schwierigkeit zu Grunde liegen und ihm auch keine wirtschaftlich besonders hervorgehobene Bedeutung zukomme.

Konsequenzen

Die Entscheidung verdient Zustimmung, soweit sie dem Krankenhaus grds. einen Anspruch auf Ersatz von Verzugsschäden zubilligt.

Nicht überzeugen kann jedoch die Begründung der Ablehnung der Ersatzpflicht im Einzelnen.

Zum einen bleibt vollständig offen, wann von einem „einfach gelagerten Fall“ auszugehen sein soll. Es dürfte daher erwarten ist, dass entsprechende Auseinandersetzungen sich auf diesen Punkt verlagern werden.

Zum anderen hatten die beauftragten Rechtsanwälte nach den Feststellungen des BSG die beklagte Krankenkasse mehrfach gemahnt. Dabei waren die ersten Mahnungen erfolglos geblieben. Es konnte daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ohne Einschaltung der Rechtsanwälte ihrer Zahlungspflicht ohne Weiteres nachgekommen wäre. Erst auf Betreiben der Rechtsanwälte war eine Zahlung erfolgt. Dies war von der Rechtsprechung des BGH grds. als Indiz dafür gewertet worden, dass die Beauftragung der Rechtsanwälte notwendig war.

Anspruch des Krankenhauses auf Ersatz von Verzugsschaden?

Dazu siehe auch: https://raheinemann.de/aelligkeit-der-verguetung-eines-krankenhauses/ und https://raheinemann.de/anspruch-des-pflegedienstes-auf-verzugszinsen-gegen-die-krankenkasse/ und https://raheinemann.de/nachberechnung-von-verguetung-fuer-krankenhausbehandlung-zulaessig/

RH

Rehtsanwalt Rolf Heinemann: Anspruch des Krankenhauses auf Ersatz von Verzugsschaden? Dazu hat das BSG am 15.11.2007, B 3 KR 1/07 R, entschieden.