Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Der Bundesgerichtshof – BGH, 09.11.2011, XII ZR 136/09 – hat das Schweigerecht von Müttern eingeschränkt: Wenn Männern ein sogenanntes Kuckuckskind untergeschoben wurde, muss die Mutter den Namen des wahren Erzeugers preisgeben.
Was ist passiert?
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Der Sachverhalt
Der Kläger ist irrtümlich davon ausgegangen, dass er mit seiner Lebensgefährtin ein Kind gezeugt hatte. In dieser Annahme zahlte er an die von ihm inzwischen getrennt lebende Frau mehrere tausend Euro Unterhalt.
Als er sich irgendwann über die fehlende Ähnlichkeit mit seinem Sohn wunderte, bot ihm die Mutter einen Vaterschaftstest an. Es stellte sich heraus, dass der Kläger nicht der Vater des Kindes ist.
Daraufhin wollte er den Namen des Erzeugers wissen, um den bereits gezahlten Unterhalt erstattet zu bekommen. Die Mutter des Kindes verweigerte ihm diese Auskunft.
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Die Vorinstanzen
Der Kläger bekam als Scheinvater in allen Instanzen Recht.
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Dazu der BGH
Die Entscheidung
Der BGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Auskunftsrecht des Mannes gegen die Intimsphäre der Frau
Der Bundesgerichtshof hatte das Auskunftsrecht des Mannes gegen die Intimsphäre der Frau abzuwägen. Im vorliegenden Fall konnte sich die Beklagte nicht auf den Schutz ihrer Privatsphäre zurückziehen. Der Senat befand, dass sie mit ihrem früheren Verhalten nicht zur Offenheit beigetragen habe. Nach Ansicht des Senats schuldet sie dem Kläger deshalb „Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat“. Die Mutter des Kindes muss dem Mann helfen, seinen wirtschaftlichen Schaden vom Erzeuger erstattet zu bekommen.
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Auskunftsrecht gegenüber Scheinvater, der Unterhalt gezahlt hat
Mütter könne sich im vorliegenden Fall nicht auf den Schutz ihrer Privat- oder Intimsphäre berufen, wenn sie einem anderen Mann ein Kind untergeschoben hat und dieser Unterhalt für das Kind gezahlt hat. Der Mann habe dann ein Auskunftsrecht bezüglich des Namens des wahren Erzeugers.
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Geheimhaltungsinteresse der Mutter in bestimmten Konstellationen gegenüber dem finanziellen Regressinteresse des Scheinvaters (§ 1607 Abs 3 BGB) weniger schutzwürdig
Das BVerfG habe zwar am 24.02.2015, Az. 1 BvR 472/14, entschieden, dass es einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Mutter darstellt, zur Auskunftserteilung über die Person des mutmaßlichen leiblichen Vaters ihres Kindes verpflichtet zu werden. Eine solche Auskunftspflicht zwinge sie dazu, eine geschlechtliche Beziehung zu einem bestimmten Mann oder zu mehreren bestimmten Männern preiszugeben. Eine Verpflichtung der Mutter zur Auskunftserteilung gegenüber dem Scheinvater über die Person des Vaters ist jedoch nicht von vornherein verfassungsrechtlich ausgeschlossen.
Das Geheimhaltungsinteresse der Mutter könne in bestimmten Konstellationen allerdings gegenüber dem finanziellen Regressinteresse des Scheinvaters (§ 1607 Abs 3 BGB) weniger schutzwürdig sein. So könne der Mutter in bestimmten Konstellationen – wie im vorliegenden Fall des BGH – auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung zumutbar sein (vgl BGH, 20.02.2013, XII ZB 412/11, BGHZ 196, 207; siehe auch BGH, 09.11.2011, XII ZR 136/09, BGHZ 191, 259; BGH, 02.07.2014, XII ZB 201/13, FamRZ 2014, 1440). (Rn.30)
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Geheimhaltunsinteresse muss im vorliegenden Fall zurückstehen
Mütter könne sich, wie im vorliegenden Fall, nicht auf den Schutz ihrer Privat- oder Intimsphäre berufen, wenn sie einem anderen Mann ein Kind untergeschoben hat und dieser Unterhalt für das Kind gezahlt hat. Der Mann habe dann ein Auskunftsrecht bezüglich des Namens des wahren Erzeugers.
Kuckuckskindmutter gegenüber Scheinvater auskunftspflichtig? Dazu siehe auch:
https://raheinemann.de/auskunftsanspruch-des-scheinvaters-ueber-wahren-vater/ und https://raheinemann.de/zum-fristbeginn-bei-vaterschaftsanfechtung-durch-leiblichen-vater/ und https://raheinemann.de/biologischer-vater-von-vaterschaftsanfechtung-ausgeschlossen/ und https://raheinemann.de/kinder-eines-mutmasslichen-vaters-zum-gentest-verpflichtet/ und https://raheinemann.de/behauptung-der-vaterschaft-als-persoenlichkeitsrechtsverletzung/ und https://raheinemann.de/unterhaltspflicht-des-gesetzlichen-vaters-der-tatsaechlich-nicht-der-vater-ist/ und https://raheinemann.de/bmjv-mehr-rechtssicherheit-beim-scheinvaterregress-geplant/ und https://raheinemann.de/laengere-frist-fuer-regressansprueche-von-scheinvaetern/ und
