Nichteheliche Lebensgemeinschaft wie Eheleute? Dazu hat der BGH mit Urteil v. 22. April 2009 – IV ZR 160/07 entschieden. Und zwar hat sich der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit der Frage befasst, ob der in § 67 Abs. 2 VVG a. F. bestimmte Ausschluss des Übergangs von Schadensersatzansprüchen gegen einen mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen auch für Ansprüche gegen den nichtehelichen Lebensgefährten des Versicherungsnehmers gilt.
Was ist passiert?
Nichteheliche Lebensgemeinschaft wie Eheleute? Der Sachverhalt
Der klagende Kaskoversicherer nimmt die Beklagte, die behauptet, mit dem Versicherungsnehmer als Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenzuleben, in Regress wegen einer Versicherungsleistung, die er an den Versicherungsnehmer auszahlte, nachdem der versicherte Pkw bei einem von der Beklagten verursachten Verkehrsunfall zerstört worden war.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft wie Eheleute? Das Oberlandesgericht
Das Oberlandesgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein Übergang des Schadenersatzanspruchs auf den Versicherer bereits deswegen ausgeschlossen sei, weil die Beklagte im Unfallzeitpunkt mit dem Versicherungsnehmer in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt habe und damit einem Familienangehörigen im Sinne des § 67 Abs. 2 VVG a. F. wenigstens gleichstehe.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sie und der Versicherungsnehmer seit Jahren einen gemeinsamen Hausstand führten und ein 1999 geborenes gemeinsames Kind hätten, das sie gemeinsam aufzögen. Im Einzelnen hat die Beklagte behauptet, sie lebe mit dem Versicherungsnehmer als Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bereits seit dem Jahr 1989 nichtehelich zusammen. Und weiterhin übe sie das Sorgerecht für das Kind mit ihm gemeinsam aus. Der Lebensunterhalt werde seit Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinschaftlich aus ihren beiden Einkommen bestritten.
Und zwar ohne dass eine Trennung der erwirtschafteten Mittel vorgenommen werde. Ein gemeinsam errichtetes Eigenheim sei von beiden gemeinsam finanziert worden und werde aus den gemeinschaftlichen Einkünften abbezahlt.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft wie Eheleute? Dazu der BGH
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom v. 22. April 2009 – IV ZR 160/07 die Einbeziehung von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den Schutzbereich des § 67 Abs. 2 VVG a. F. für geboten erachtet.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft wie Eheleute? Schutzwürdigkeit vergleichbar
Er hat offen gelassen, ob Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift begriffen werden können. Die Vergleichbarkeit der Schutzwürdigkeit erfordere zumindest ihre analoge Anwendung. In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, für die gemeinsame Mittelaufbringung und -verwendung prägende Merkmale sind, treffe die Inanspruchnahme des Partners den Versicherungsnehmer wirtschaftlich nicht minder als in einer Ehe.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft wie Eheleute? Beschränkung auf Familienangehörige in häuslicher Gemeinschaft nicht mehr zeitgemäß
Der häusliche Friede zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften kann durch zwischen diesen auszutragende Streitigkeiten über die Verantwortung für Schadenszufügungen in gleicher Weise gestört werden wie bei Ehegatten. Der Gesetzgeber des im Jahre 2008 in Kraft getretenen VVG hat durch die Streichung des Erfordernisses der Familienangehörigkeit in § 86 Abs. 3 VVG n. F. zum Ausdruck gebracht, dass insoweit eine Änderung geboten war. Die Beschränkung auf Familienangehörige in häuslicher Gemeinschaft entspreche nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen.
Zurückverweisung
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Und zwar, weil noch einzelne Voraussetzungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft streitig sind.
Steht dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zu, so gehe der Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt.
Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen, so sei der Übergang ausgeschlossen; der Anspruch gehe jedoch über, wenn der Angehörige den Schaden vorsätzlich verursacht hat.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 87/2009)
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