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Das OLG Köln hat mit Urteil vom 10.02.2016, Az. I-13 U 45/15, 13 U 45/15, entschieden, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, wonach für die Erstellung einer Ersatzkreditkarte eine Gebühr berechnet wird, wenn der Kunde die Umstände, die zum Ersatz der Karte geführt haben, zu vertreten hat und die Bank nicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte verpflichtet ist, eine Sonderleistung der Bank betrifft und nicht kontrollfähig ist.

 Was ist passiert?

Der Verfügungskläger ist ein Verbraucherschutzverband. Die beklagte Bank führt in ihrem „Preis- und Leistungsverzeichnis“ unter anderem folgendes aus:

Auf Seite 5, Kapitel 4.4 „Kartengestützter Zahlungsverkehr“, bei 4.4.3. „Kreditkarte“:

Ersatzkarte (18)                                   20 €

(18) Wird nur berechnet, wenn der Kunde die Umstände, die zum Ersatz der Karte geführt haben, zu vertreten hat und die Bank nicht zur Ausstellung einer Ersatzkarte verpflichtet ist

Der Verfügungskläger ist der Ansicht, die Klausel sei unwirksam, weil sie einer Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 5 BGB nicht standhalte. Er nimmt die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung darauf in Anspruch, die Verwendung der Klauseln gegenüber Verbrauchern zu unterlassen.

Das Landgericht hat den Antrag mit Urteil vom 18.2.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei der Vereinbarung gemäß Klausel Nr. 5 um eine nicht kontrollfähige Vergütungsbestimmung für eine Sonderleistung handele.

Was sagt das OLG Köln dazu?

Die zulässige Berufung der Verfügungsklägerin hat nach Ansicht des OLG Köln in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht habe mit Recht entschieden, dass die Klausel über das Entgelt für die Erstellung einer Ersatzkreditkarte (Klausel Nr. 5) nicht kontrollfähig ist, sondern eine Sonderleistung der Beklagten betrifft.

Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB seien Gegenstand der Inhaltskontrolle solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter würden grundsätzlich weder bloß deklaratorische Klauseln noch solche fallen, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Kontrollfähig seien aber Klauseln, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen (BGHZ 199,281; WM 2015, 519), sowie Bestimmungen, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mittels derer der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt. Dies gelte auch dann, wenn die Entgeltklausel in einem Regelwerk enthalten ist, das – wie hier das Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten – Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt (BGHZ 180, 257; 193, 238; 195, 298).

Die vom Kläger beanstandete Klausel enthalte keine von Rechtsvorschriften abweichenden Regelungen in diesem Sinne. Sie sei so auszulegen, dass die Verpflichtung des Kunden zur Zahlung eines Entgeltes für die Ausstellung einer Ersatzkarte anstelle der  ursprünglichen Kreditkarte – für die im Ausgangspunkt die aus § 675 K Abs. 2 S. 5 BGB beruhende Nebenpflicht des Zahlungsdienstleisters besteht, weil es sich um ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument im Sinne dieser Vorschrift handelt (Palandt, Kommentar zum BGB, 75. Auflage 2016, § 675 m BGB, Rdn. 1; § 675 j Rdn. 6; § 675 f BGB Rdn. 41 ff) – auf die Fälle beschränkt ist, in denen die Beklagte nicht zu einer Entsperrung oder Ersetzung der Karte nach § 675 k Abs. 2 S. 5 BGB verpflichtet ist.

Der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung sei durch Auslegung zu ermitteln. Dabei sei, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel zu fragen. Sie sei so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Seien mehrere Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, komme die Unklarheitenregel des § 305 c Ab. 2 BGB zur Anwendung. Danach sei die scheinbar „kundenfeindlichste“ Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste, da sie häufig erst die Inhaltskontrolle eröffnet bzw. zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit zur Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel führt. Außer Betracht zu bleiben hätten Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (BGH NJW-RR 2007, 1697; NJW-RR 2014, 215; WM 2015, 519; Palandt, Kommentar zum BGB, 75. Auflage 2016, § 305 c BGB Rdn. 16-20).

Anders als in dem der Entscheidung des BGH vom 20.10.2015 (XI ZR 166/14; WM 2016, 35) zugrunde liegenden Fall beziehe sich die im Streitfall zu beurteilende Klausel nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht auf sämtliche Fälle, in denen dem Kunden eine Ersatzkarte ausgestellt wird oder in denen der Kunde der Bank gegenüber die Ausstellung einer Ersatzkarte wünscht, sondern enthalte eine auch aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nicht mißzuverstehende Ausnahme für die Fälle, in denen die Bank – gesetzlich und ggfls. aufgrund einer vorrangigen vertraglichen Abrede – zur (unentgeltlichen) Überlassung einer Ersatzkarte verpflichtet ist und die von vorneherein vom Geltungsbereich der Klausel ausgenommen sein sollen. Soweit der Kläger anführe, dass die Bepreisung allein für den Fall des Verschuldens des Kunden zu der Auslegung führe, dass es sich um eine die Fälle des Verlustes oder der Beschädigung der Karte geltende Schadenspauschale handele, verkenne er, dass die streitige Regelung eine Zahlungspflicht des Kunden nur für den Fall des kumulativen Vorliegens eines Verschuldens des Kunden hinsichtlich des Verlustes der Karte und des Nichtbestehens einer gesetzlichen Verpflichtung der Bank zur Ersatzkartenausstellung vorsieht. Damit handele es sich bei dem Verweis auf das Verschuldenserfordernis in der Sache um eine weitere Einschränkung der die Entgeltpflicht auslösenden Fallgestaltungen. Da es aber bereits als genügend anzusehen sei, dass die Beklagte – in wie dargestellt ausreichend deutlicher Weise – eine Entgeltpflicht nur für die Fälle vorsieht, in denen eine Verpflichtung zur Ausgabe einer Ersatzkarte nicht besteht, könne die weitere Einschränkung die Annahme einer von Rechtsvorschriften abweichenden Regelung nicht begründen.

Quelle: Juris das Rechtsportal

Siehe auch: https://raheinemann.de/gebuehrenklausel-fuer-falschbuchungen-bei-geschaeftskunden-zulaessig/

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