Pflegeheime zur Fixierung verpflichtet? Dazu hat das LG Köln am 27.10.2020, Az. 3 O 5/19, entschieden. Der Träger eines Pflegeheims müsse keinen Schadensersatz wegen eines möglichen Pflegefehlers an die Tochter einer Patientin leisten, die in der Obhut des Heims schwer gestürzt war. Im vorliegenden Fall sei das Anbringen von Bettgittern oder eine Fixierung, so das LG, sogar als kontraindiziert angesehen.
Was ist passiert?
Pflegeheime zur Fixierung verpflichtet? Der Sachverhalt
Die Klägerin ist die Tochter einer verstorbenen Pflegeheimbewohnerin und macht als deren Erbin Ansprüche auf Schmerzensgeld aufgrund eines Sturzes ihrer verstorbenen Mutter in einem Pflegeheim geltend. Zum Zeitpunkt des Unfalls war die Mutter der Klägerin 94 Jahre alt, litt an einer fortgeschrittenen Demenz und war in den Pflegegrad V eingestuft. Seit April 2018 befand sie sich in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung des beklagten Pflegeheimträgers.
Als sie In der Nacht vom 12.04.2018 nachts aus ihrem Bett aufstand, stürzte sie und erlitt eine Platzwunde. In der Nacht auf den 20.04.2018 wurde sie gegen 1.45 Uhr schwer verletzt vor einem Balkon im Speisesaal des Pflegeheims mit einer Oberschenkelhalsfraktur und einer Gehirnblutung aufgefunden. Sie musste im Krankenhaus operiert werden und war danach noch pflegebedürftiger als zuvor.
Pflegeheime zur Fixierung verpflichtet? Geltendmachung von Schmerzensgeld
Die Tochter verlangte vom Träger des Pflegeheims klageweise mindestens 35.000 Euro Schmerzensgeld. Sie behauptet, der Tod ihrer Mutter sei auf den Sturz zurückzuführen gewesen. Das Pflegeheim habe entweder die bei der Mutter bestehende Sturzgefahr verkannt oder aber nicht richtig darauf reagiert. Das Pflegeheim sei zur Nutzung von Bettgittern oder Fixierung verpflichtet gewesen. Und zwar hätten die Pflegekräfte Bettgitter anbringen, das Bett tiefer einstellen oder ihre Mutter im Bett fixieren müssen. Aber auf jeden Fall wäre eine engmaschigere Beobachtung notwendig gewesen, so die Tochter.
Pflegeheime zur Fixierung verpflichtet? Dazu das LG Köln:
Die Entscheidung
Das LG Köln hat die Klage abgewiesen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Trägerin des Pflegeheims nicht zur Nutzung von Bettgittern oder Fixierung verpflichtet gewesen. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung eines ererbten Schmerzensgeldes aus dem Gesichtspunkt schuldhafter Vertragsverletzung (§§ 280 Abs. 1, 1922 BGB) oder wegen einer unerlaubten Handlung (§§ 823, 1922 BGB) zu.
Pflegeheime zur Fixierung verpflichtet? Anbringen von Bettgittern kontraindiziert
Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten von einem Pflegesachverständigen eingeholt. Dieser hat sein Gutachten dann auch noch in der mündlichen Verhandlung erläutert. Die Pflegekräfte in dem Pflegeheim hätten dem Sachverständigen zufolge alle erforderlichen Maßnahmen getroffen, so das LG.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Trägerin des Pflegeheims nicht zur Nutzung von Bettgittern oder Fixierung verpflichtet gewesen. Das Anbringen von Bettgittern oder eine Fixierung sei im vorliegenden Fall sogar kontraindiziert. Und zwar könne eine Fixierung zu Strangulationen und Muskelabbau durch die erzwungene Unbeweglichkeit führen. Damit einher ginge fortschreitende motorischen Verunsicherung und Erhöhung der Sturzgefahr.
Im Übrigen würde sich durch die Bettgitter die Sturzgefahr weiter erhöhen. Und zwar demente Patienten, denen die Einsicht in die Sinnhaftigkeit der Maßnahme fehle, den Seitenschutz zu überklettern versuchen. Dies begünstige Stürze aus größerer Höhe.
Quellen: Pressemitteilung des LG Köln v. 02.11.2020 und Juris das Rechtsportal
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