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Inhaber von ambulantem Pflegedienst gewerbesteuerpflichtig? Dazu hat der BFH am 05.06.1997, IV R 43/96, entschieden.

Leitsätze

1. Ein Krankenpfleger, der häusliche ambulante Pflege weitgehend seinen Mitarbeitern überlässt und eigene Tätigkeiten auf die Vertretung in Urlaubs- und Krankheitszeiten beschränkt, wird nicht eigenverantwortlich tätig im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Er erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sodass er mit dem Gewerbeertrag zur Gewerbesteuer zu veranlagen ist.

2. Eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit setzt voraus, dass der Krankenpfleger selbst gegenüber jedem Patienten pflegerisch tätig wird.
(Leitsätze des Bearbeiters)

Was ist passiert?

Der Kläger, ein staatlich geprüfter Krankenpfleger, hatte einen Gewerbebetrieb „Ambulante häusliche Krankenpflege (fahrbar)“ angemeldet. Er beschäftigte insgesamt acht Pflegekräfte, die nach den vertraglichen Vereinbarungen mit den Krankenkassen zur Leistungserbringung geeignet waren.

Die Pflege an den einzelnen Patienten wurde, nach Führung des Erstgesprächs durch den Kläger persönlich, im Wesentlichen durch die Angestellten des Klägers erbracht. Lediglich im Urlaubs- oder Krankheitsfall übernahm der Kläger in größerem Umfang auch persönlich die Pflegeleistungen.

Das Finanzamt behandelte die Einkünfte des Klägers aus dieser Tätigkeit als solche aus Gewerbebetrieb und veranlagte ihn zur Gewerbesteuer.

Der Einspruch des Klägers bleib erfolglos, weshalb er nachfolgend Klage erhob.

Inhaber von ambulantem Pflegedienst gewerbesteuerpflichtig? Dazu der BFH

Der Bundesfinanzhof hat die Einkünfte, wie die Vorinstanz, als gewerblich i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG angesehen. Die Veranlagung zur Gewerbesteuer war damit nicht zu beanstanden.

Das Gericht hat dazu ausgeführt, dass ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann freiberuflich tätig ist, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Voraussetzung sei jedoch, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werde. Unter Mithilfe fachlich gebildeter Arbeitskräfte sei eine Tätigkeit zu verstehen, die die Arbeit des Berufsträgers jedenfalls in Teilbereichen ersetze und nicht nur von untergeordneter Bedeutung sei.

Die Mithilfe sei unschädlich, so das Gericht weiter, solange der Freiberufler bei der Erledigung der einzelnen Aufträge leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Dabei vermag allerdings eine besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der u.a. die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung, stichprobenartige Überprüfung der Ergebnisse gehören, eine eigenverantwortliche Tätigkeit nicht zu ersetzen. Diese könne nur angenommen werden, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gesichert sei.

Dies sei jedenfalls immer dann der Fall, wenn der Pflegedienstbetreiber den wesentlichen Teil der Pflegearbeiten selbst übernehme. Ebenso könne ein eigenverantwortliches Tätigwerden im Sinne des Gesetzes angenommen werden, wenn er aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Pflegetätigkeit der Mitarbeiter bei jedem einzelnen Patienten Einfluss nehme. Und zwar müsse die Ausführung des einzelnen Auftrags dem Berufsträger selbst und nicht den Mitarbeitern oder dem Unternehmen als Ganzem zuzurechnen sein: die Arbeitsleistung müssen den „Stempel der Persönlichkeit“ des Steuerpflichtigen tragen.

Überlasse, wie vorliegend, der Krankenpfleger die Pflege am einzelnen Patienten angesichts des Umfangs der zu erbringenden Arbeiten nach einem Erstgespräch weitgehend seinen Mitarbeitern, so werde er, meint das Gericht abschließend, nicht mehr eigenverantwortlich im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG tätig.

Konsequenzen

Folge der Einordnung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb ist im Wesentlichen, dass die Erträge damit der Gewerbesteuerpflicht unterfallen (§ 2 Abs. 1 S. 2, § 6 GewStG). Der Betriebsinhaber muss die gesetzlichen Steuervorauszahlungen jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines Jahres entrichten (§ 19 Abs. 1 S. 1 GewStG). Allerdings können die gezahlten Gewerbesteuerbeträge im Rahmen der Einkommensteuererklärung als Betriebsausgabe abgesetzt werden. So mindern sie den einkommensteuerlichen Gewinn.

Da ein Krankenpfleger eine höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleistung am Patienten schuldet, kann der Inhaber eines Pflegebetriebes der Gewerbesteuerpflicht nur dadurch entgehen, dass er selbst Pflegeleistungen an den Patienten erbringt. Dies setzt voraus, dass er einen wesentlichen Teil der Pflegearbeiten selbst übernimmt oder aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige eingehende Kontrollen maßgeblich auf die Pflegetätigkeit der Mitarbeiter bei jedem einzelnen Patienten Einfluss nimmt.

Inhaber von ambulantem Pflegedienst gewerbesteuerpflichtig?

Siehe auch: https://raheinemann.de/steuerermaessigung-bei-unterbringung-der-mutter-im-pflegeheim/ und https://raheinemann.de/duerfen-pflegedienste-ausserhalb-des-oertlichen-einzugsbereichs-pflegen/

RH

Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Inhaber von ambulantem Pflegedienst gewerbesteuerpflichtig? Dazu hat der BFH am 05.06.1997, IV R 43/96, entschieden.