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Wann ist ein Verkäufer im Internet als „Gewerbetreibender“ anzusehen? Dazu hat der EuGH am 04.10.2018, C-105/17, entschieden. Und zwar ist eine Person, die auf einer Website eine Reihe von Verkaufsanzeigen veröffentlicht, nicht automatisch ein „Gewerbetreibender“, so der EuGH.

Was ist passiert?

Wann ist ein Verkäufer im Internet als „Gewerbetreibender“ anzusehen?

Das zur Beurteilung stehende Geschehen

Auf einer Online-Plattform erwarb ein Verbraucher eine gebrauchte Armbanduhr. Er Der Verbraucher teilte dem Verkäufer mit, dass er den Vertrag widerrufen wolle, nachdem er festgestellt hatte, dass die Uhr nicht die Eigenschaften aufwies, die in der Verkaufsanzeige angegeben waren. Die Verkäuferin lehnte es ab, die Ware gegen Erstattung des Entgelts zurückzunehmen.

Der Bescheid der KfV

Bei der bulgarischen Kommission für Verbraucherschutz (KfV) legte der Verbraucher daher eine Beschwerde ein. Die KfV stellte nach einer Abfrage auf der fraglichen Online-Plattform fest, dass am 10.12.2014 noch acht Verkaufsanzeigen zu verschiedenen Waren auf dieser Website der Verkäuferin unter dem Pseudonym „eveto-ZZ“ veröffentlicht waren. Die KfV stellte mit Bescheid vom 27.02.2015 fest, dass die Verkäuferin eine Ordnungswidrigkeit begangen habe.

Gegen die Verkäuferin verhängte die KfV mehrere Geldbußen, die auf das nationale Verbraucherschutzgesetz gestützt waren. Die Verkäuferin hatte es nach Ansicht der KfV in sämtlichen dieser Anzeigen unterlassen, eine Reihe von Angaben zu machen. Und zwar Angaben zu Namen, Postanschrift und E-Mail-Adresse des Gewerbetreibenden, zum Endpreis der z. Verkauf angebotenen Ware einschließlich aller Steuern und Abgaben, zu den Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, zum Recht d. Verbrauchers auf Widerruf des Fernabsatzvertrags und zu Bedingungen, Frist und Verfahren der Ausübung dieses Rechts zu machen.

Und außerdem hatte es die Verkäuferin unterlassen, darauf hinzuweisen, dass eine gesetzliche Gewährleistung für die Vertragsgemäßheit der Ware besteht, so der KfV.

Klageerhebung

Vor den bulgarischen Gerichten erhob die Verkäuferin Klage gegen diesen Bescheid. Und sie begründete die Klage damit, das nicht anwendbar seien. Der Administrativen sad – Varna (Verwaltungsgericht Varna, Bulgarien) wandte vor diesem Hintergrund an den EuGH. Und zwar mit der Frage, ob eine Person, die auf einer Website eine vergleichsweise große Zahl von Anzeigen über den Verkauf v. Waren mit erheblichem Wert veröffentlicht, als „Gewerbetreibender“ im Sinne der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (ABl. 2005, L 149, 22) eingestuft werden kann.

Wann ist ein Verkäufer im Internet als „Gewerbetreibender“ anzusehen? Dazu der EuGH

Die Entscheidung

Nach der Entscheidung des EuGH ist eine Person, die auf einer Website eine Reihe von Verkaufsanzeigen veröffentlicht, nicht automatisch ein „Gewerbetreibender“.

Nach Auffassung des EuGH kann diese Tätigkeit als „Geschäftspraxis“ eingestuft werden, wenn die Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.

Erforderlich sei für eine Einstufung als „Gewerbetreibender“ im Sinne der Richtlinie, dass die betreffende Person „im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit“ oder im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden handele. Anhand des Begriffs „Verbraucher“ seien Sinn und die Bedeutung des Begriffs „Gewerbetreibender“ zu bestimmen. Und zwar bezeichne der Begriff „Verbraucher“ jeden nicht gewerblich oder beruflich Tätigen.

Wann ist ein Verkäufer im Internet als „Gewerbetreibender“ anzusehen? Vorlegendes Gericht hat bestimmte Kriterien zu überprüfen

Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, auf der Grundlage aller ihm vorliegenden tatsächlichen Angaben v. Fall zu Fall zu entscheiden, ob eine natürliche Person wie d. Verkäuferin im vorliegenden Fall im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit gehandelt habe.

Und zwar indem es prüft, ob der Verkauf planmäßig erfolgte, so der EuGH. Und weiterhin, ob er eine gewisse Regelmäßigkeit hatte oder mit ihm ein Erwerbszweck verfolgt wurde, so der EuGH. Außerdem, ob sich d. Angebot auf eine begrenzte Anzahl von Waren konzentriert und die Rechtsform sowie die technischen Fähigkeiten des Verkäufers ermittelt, so der EuGH.

Zur Einstufung der fraglichen Tätigkeit als „Geschäftspraxis“ müsse das vorlegende Gericht zudem einige andere Punkte prüfen. Und zwar zum einen, ob diese Tätigkeit von einem „Gewerbetreibenden“ ausgeht. Und zum anderen, ob diese Tätigkeit eine Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise, Erklärung oder kommerzielle Mitteilung darstelle, „die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt“.

Resümee

Der EuGH gelangt daher zu dem Schluss, dass eine natürliche Person, die eine Reihe von Anzeigen, in denen neue und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten werden, gleichzeitig auf einer Website veröffentlicht, nur dann als „Gewerbetreibender“ einzustufen ist und eine solche Tätigkeit nur dann eine „Geschäftspraxis“ darstellt, wenn diese Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.

Quellen: Pressemitteilung des EuGH Nr. 143/2018 v. 04.10.2018 und Juris das Rechtsportal

Wann ist ein Verkäufer im Internet als „Gewerbetreibender“ anzusehen?

Siehe auch: https://raheinemann.de/darlehensnehmer-als-verbraucher-oder-unternehmer/ und https://raheinemann.de/urteil-des-eugh-zum-widerruf-von-verbraucherkreditvertraegen/

Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Wann ist ein Verkäufer im Internet als „Gewerbetreibender“ anzusehen? Dazu hat der EuGH am 04.10.2018, C-105/17, entschieden.