Arzt bei Patientensuizid strafbar? Dazu hat am 18.08.2017 das OLG Bremen zu Az. 1 Ws 174/16 entschieden. Und zwar besteht gegen die behandelnden Ärzte des Klinikums Bremen-Ost kein hinreichender Tatverdacht wegen fahrlässiger Tötung einer Patientin, die sich in Behandlung der Klinik befand, bis sie sich umbrachte, besteht, so das OLG.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Zu dieser Frage hatte das OLG Bremen über folgenden Sachverhalt zu urteilen:
Auf Veranlassung der sie behandelnden Neurologin und Psychiaterin wurde die damals 20-jährige Patientin Anfang Juli 2014 in die psychiatrische Klinik eingewiesen. Und zwar auf Grund eines ausgeprägten depressiven Syndroms. Die Patientin wurde neben der Durchführung eines umfangreichen Behandlungsprogramms auch medikamentös behandelt. Sie wurde Anfang August 2014 auf eigenen Wunsch bis zu einer fünf Tage später beginnenden Therapie entlassen, um mit Familie und Freunden einen Besuch in einer anderen Stadt vorzunehmen. Am Tage ihrer Entlassung beging die Patientin Suizid im Hause ihrer Mutter.
Die Staatsanwaltschaft
Arzt bei Patientensuizid strafbar? Gegen die behandelnden Ärzte der Klinik leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung ein.
Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungsverfahren gegen die behandelnden Ärzte mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPOein. Und zwar nach Einholung eines Gutachtens eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Neurologie, der Chefarzt einer endsprechenden Klinik in Norddeutschland ist. Die Mutter der Patientin legte hiergegen Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft ein und stellte beim OLG Bremen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft.
Arzt bei Patientensuizid strafbar? Dazu das OLG Bremen
Die Entscheidung
Nachdem auf Veranlassung des OLG Bremen zunächst weitere Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft durchgeführt worden waren, hat das OLG schließlich den Antrag der Mutter auf Durchführung des Strafverfahrens gegen die Ärzte zurückgewiesen.
Auch die Ergebnisse der durchgeführten Nachermittlungen führten zu keinem anderen Ergebnis. Diese begründen keinen hinreichender Tatverdacht gegen die behandelnden Ärzte wegen fahrlässiger Tötung der Patientin oder wegen eines anderen Delikts, so das OLG. Arzt bei Patientensuizid strafbar? Der Sachverständige habe eine Fehlerhaftigkeit der ärztlichen Behandlung der Patientin in der Klinik nicht feststellen können.
Indizierung der durchgeführten Medikation
Die durchgeführte Medikation sei entgegen der Ansicht der Mutter der Patientin, auch in der Kombination mehrerer Medikamente, indiziert gewesen. Auch stelle die Unterbrechung des Klinikaufenthaltes keinen Behandlungsfehler dar. Dabei habe es sich nicht um eine Entlassung der Patientin aufgrund einer Beendigung der Behandlung durch das Klinikum gehandelt. Die Unterbrechung sei vielmehr von der Patientin gewünscht gewesen, um an einem Besuch von Familie und Freunden in einer anderen Stadt teilzunehmen. Eine mit der Patientin abgesprochene Therapie habe sich unmittelbar an diesen Besuch anschließen sollen. Der Sachverständige habe vor diesem Hintergrund die auf ihren Wunsch erfolgte Entlassung für wenige Tage als vertretbar angesehen. Und zwar auch bei dem bestehenden Krankheitsbild der Patientin. Es habe auch zuvor bereits Beurlaubungen mit Übernachtung gegeben. Und zwar ohne dass sich Verhaltensauffälligkeiten bei der Patientin gezeigt hätten.
Gesteigerte Suizidalität der Patientin weder erkennbar noch Suizid erwartbar
Arzt bei Patientensuizid strafbar? Es sei auch nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht feststellbar, dass am Tag der Entlassung für das Klinikum eine gesteigerte Suizidalität der Patientin erkennbar und ihr Suizid aus damaliger Sicht erwartbar gewesen wären. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass die Patientin am Tage ihrer Entlassung noch den Lebensgefährten ihrer Mutter und ihre niedergelassene Ärztin getroffen habe. In dem Ermittlungsverfahren hätten beide geäußert, dass die Patientin auf sie einen guten, bzw. einen besseren Eindruck als zum Zeitpunkt ihrer Einweisung gemacht habe. Auch dies spreche dafür, dass eine erhöhte Suizidalität bei der Entlassung der Patientin für die Klinik nicht erkennbar gewesen sei.
Freiwilliger Klinikaufenthalt
Die Patientin habe sich freiwillig in der Klinik aufgehalten habe und sie habe die Klinik jederzeit verlassen dürfen. Und zwar solange die Voraussetzungen einer zwangsweisen Unterbringung nicht vorgelegen hätten. Dass die Voraussetzungen dafür vorgelegen hätten, sei nicht erkennbar. Dies alles sei schließlich auch zu berücksichtigen. Deshalb sei ein Festhalten gegen den Willen der Patientin ohne weiteres gar nicht möglich gewesen.
Kein hinreichender Tatverdacht
Arzt bei Patientensuizid strafbar? Ein hinreichender Verdacht sei nach alledem im vorliegenden Fall nicht dafür festzustellen, dass die behandelnden Ärzte sich mit der Behandlung der Patientin einer fahrlässigen Tötung oder eines anderen Delikts schuldig gemacht hätten.
Quellen: Pressemitteilung des OLG Bremen v. 24.08.2017 und Juris das Rechtsportal
Arzt bei Patientensuizid strafbar?
Siehe auch: https://raheinemann.de/faelschung-von-impfpaessen-nicht-strafbar/ und https://raheinemann.de/widerruf-der-approbation-als-arzt-bei-unerlaubten-bankgeschaeften/ und https://raheinemann.de/freiheitsstrafe-wegen-abrechnung-nicht-erbrachter-pflegedienstleistungen/ und https://raheinemann.de/abrechnungsbetrug-bei-einsatz-unterqualifizierter-pflegekraefte/ und https://raheinemann.de/abrechnungsbetrug-bei-einsatz-von-nicht-examinierten-pflegekraeften/ und https://raheinemann.de/sg-berlin-leistungskuerzungen-wegen-pflegebetruges-rechtmaessig/ und https://raheinemann.de/abrechnungsbetrug-bei-abrechnung-von-laboraerztlichen-leistungen/ und https://raheinemann.de/freiheitsstrafe-wegen-aufklaerungsfehler-bei-schoenheitsoperation/