Schadenersatz wegen wissentlicher Falschaussage? Dazu hat das LG Frankfurt am 23.12.2013, 2-18 O 198/12, entschieden. Und zwar hat das LG Frankfurt die Schadensersatzklage von Jörg K. gegen seine frühere Geliebte abgewiesen.
Was ist passiert?
Seine Ex-Geliebte hatte den Schweizer Wetterexperten Jörg K. im Februar 2010 wegen Vergewaltigung angezeigt. Nach dem Freispruch im Strafprozess im Mai 2011 hatte K. vor dem Zivilgericht auf Ersatz von Gutachterkosten in Höhe von rund 13.000 Euro geklagt. K. stützte die Klage auf eine behauptete bewusste Falschaussage, die zur Anordnung der Untersuchungshaft gegen ihn geführt habe. Anders als im Strafprozess musste K. im Zivilverfahren allerdings selbst darlegen und beweisen, dass seine Ex-Geliebte bei ihren Vorwürfen die Unwahrheit gesagt hat.
Schadenersatz wegen wissentlicher Falschaussage? Dazu das LG Frankfurt
Die Entscheidung
Das LG Frankfurt hat die Schadensersatzklage abgewiesen.
Beweis für wissentliche Falschaussage nicht geführt?
Das Landgericht hat nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass die Beklagte wissentlich falsch ausgesagt habe. So ergebe sich schon aus dem Strafurteil des LG Mannheim keine hinreichende Sicherheit dafür, dass die Aussage der Beklagten falsch gewesen sei. Zwar gebe es einige forensische Erkenntnisse von Sachverständigen, die sich mit der Darstellung der Beklagten nur schwer in Einklang bringen ließen, ohne diese indessen mit vollständiger Sicherheit ausschließen zu können. Damit bleibe ungeklärt, ob die Beklagte tatsächlich gelogen, die Wahrheit gesagt oder, dritte Variante, aufgrund einer „autosuggestiv kontaminierten“ Wahrnehmung objektiv falsche Angaben gemacht hat, die sie subjektiv jedoch als zutreffend empfinden musste.
Dies hatte das LG zu der ausdrücklichen Feststellung veranlasst, der „Nachweis einer intentionalen Falschaussage … oder auch nur der erhöhten Wahrscheinlichkeit einer solchen“ sei nicht geführt.
Schadenersatz wegen wissentlicher Falschaussage? Informatorische Anhörung brachte kein besseres Ergebnis
Auch die durch das Landgericht durchgeführte informatorische Anhörung beider Parteien habe zu keinen besseren Erkenntnissen geführt. Beide Parteien hätten für das Landgericht – aus dem jeweiligen Blickwinkel heraus auch für sich nachvollziehbar – ihre Sicht des Vorfalls dargelegt.
Schadenersatz wegen wissentlicher Falschaussage? Unwahrheiten im Randgeschehen führen zu keiner anderen Bewertung
Das Landgericht hat ebenfalls gewürdigt, dass zwar die Beklagte zu verschiedenen Punkten des Randgeschehens im Strafverfahren nachweislich falsche Angaben gemacht hat. Eine solche zweifelsfreie Feststellung ließ sich aber zum Kern des Tatgeschehens gerade nicht treffen. Zudem konnte auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger angesichts seines zumindest im Privatleben nicht immer ungetrübten Verhältnisses zur Wahrheit „Scheinwirklichkeiten“ auch im Zusammenhang mit den Geschehnissen des fraglichen Abends errichtet hat.
Das Landgericht kam in der mündlichen Urteilsbegründung zu dem Schluss: „Aufgrund der Feststellungen im Strafurteil, insbesondere aber auch aufgrund der persönlichen Anhörung der Parteien steht zur Überzeugung des Landgerichts angesichts dieser Möglichkeiten nicht mit der gebotenen Sicherheit fest, dass ausschließlich die Variante einer vorsätzlichen Falschaussage zutreffend sein kann.„
Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht angegriffen werden.
Schadenersatz wegen wissentlicher Falschaussage ? Wie ging es weiter?
Nach Einlegung des Rechtsmittels der Berufung hatte der Wetterexperte Jörg K. vor dem OLG Frankfurt Erfolg. Das Urteil des Landgerichts beruhe auf einer Rechtsverletzung, §§ 513 Abs.1, 546 ZPO, so das OLG.
Die zulässige Klage sei im noch zu entscheidenden Umfang begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 7.096,51 € gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 239, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. Und zwar habe die Beklagte wissentlich eine unwahre Strafanzeige erstattet. Infolge dessen hat sie – wie von ihr beabsichtigt – die Anordnung der vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 dauernden Untersuchungshaft verursacht. Dadurch sei dem Kläger ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden.
Das Landgericht habe den Tatsachenvortrag der Parteien fehlerhaft gewürdigt und die Tatsachenfeststellung zudem nicht ausreichend begründet.
Schadenersatz wegen wissentlicher Falschaussage?
Siehe auch: https://raheinemann.de/schadensersatz-wegen-einnahme-der-verhuetungspille-yasminelle/ und https://raheinemann.de/lg-koeln-schadensersatz-fuer-verunglueckte-haarfaerbung/ und https://raheinemann.de/schadenersatz-wegen-entgangener-hochzeitsgeschenke/ und https://raheinemann.de/haftung-des-aufsichtspflichtigen-fuer-fahrradfahrende-kinder/ und https://raheinemann.de/wer-haftet-bei-illegalem-filesharing-von-minderjaehrigen/