Beschränkung der Beweismittel im Urkundsprozess? Dazu hat am 13.03.2017, Az. 8 U 48/16, das OLG Hamm entschieden. Und zwar hat das OLG ein weiteres Urkunden-Vorbehalts-Urteil des LG Bielefeld bestätigt, das einem ehemaligen Sparkassenvorstand Vergütungsansprüche gegen die Sparkasse zuspricht. Die Beklagte habe mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln ihre erhobenen Einwendungen, u.a. der Anfechtung und Kündigung des Dienstvertrages sowie Leistungsunvermögens des Klägers, nicht nachgewiesen.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Beschränkung der Beweismittel im Urkundsprozess? Zu dieser Frage hatte das OLG Hamm über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Im Jahre 2014 war der Kläger wenige Monate als Vorstand der beklagten, ortsansässigen Sparkasse bestellt, ohne dort tätig zu werden. Und zwar hatte der Kläger seine bisherige Stelle als Leiter eines Geschäftsbereichs bei einer größeren Sparkasse im Rheinland mit Rücksicht auf diese neue Position aufgegeben. Nachdem die Beklagte einen entsprechenden Dienstvertrag mit dem Kläger abschloss und ihn zu Vorstand bestellte, erhob die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Bedenken gegen die fachliche Eignung des Klägers. Und zwar konnten diese Bedenken , in den folgenden Monaten nicht ausgeräumt werden. Der Verwaltungsrat der Beklagten kündigte dem Kläger im August 2014 nach entsprechender Beschlussfassung fristlos und berief ihn als Vorstand ab.
Die 1. Instanz
Der Kläger hält diese Maßnahmen der Beklagten für rechtswidrig. Und zwar hat der Kläger eine entsprechende Feststellungsklage im Urkundsprozess (§§ 592, 593 ZPO) beim LG Bielefeld erhoben, die in erster Instanz erfolgreich war (LG Bielefeld, Urt. v. 13.03.2015 – 17 O 100/14). Das OLG Hamm hatte die von der Beklagten eingelegte Berufung gegen dieses Urteil wegen versäumter Berufungsbegründungsfrist mit Beschluss vom 21.12.2015 (8 U 96/15) als unzulässig verworfen. Die gegen den Beschluss von der Beklagten eingelegte Rechtsbeschwerde hatte der BGH mit Beschluss vom 19.07.2016 (II ZB 3/16) zurückgewiesen.
Sodann hatte der Kläger gegen die Beklagte mehrere Klagen erhoben, mit denen er, da er nach seiner Abberufung nicht als Vorstand für die Beklagte tätig werden konnte, aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges Vergütungsansprüche von monatlich ca. 22.500 Euro geltend macht.
Beschränkung der Beweismittel im Urkundsprozess? Und zwar hatte das LG Bielefeld den Kläger in zwei Rechtsstreitigkeiten in Urkunden-Vorbehalts-Urteilen für die Monate Oktober und November 2014 ca. 45.000 Euro und für die Monate Dezember 2014 bis Juli 2015 – unter Abzug anderweitiger Verdienste und Leistungen – ca. 125.000 Euro zugesprochen. Dabei hatte es der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte – in einem noch zu führenden – Nachverfahren vorbehalten (LG Bielefeld, Urt. v. 19.12.2014 – 15 O 136/14 und LG Bielefeld, Urt. v. 11.09.2015 – 15 O 78/15).
Beschränkung der Beweismittel im Urkundsprozess? Was sagt das OLG Hamm dazu?
Die Entscheidung
Die gegen beide Urteile eingelegten Berufungen der Beklagten hatte das OLG Hamm mit Urteilen vom 06.06.2016 in den Verfahren 8 U 155/15 und 8 U 35/15 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln Nachweis der Einwendungen der Beklagten nicht möglich
Beschränkung der Beweismittel im Urkundsprozess? Und zwar seien die im Urkundenprozess erhobenen Klagen zulässig und begründet, so das OLG. Die Beklagte habe mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln ihre erhobenen Einwendungen, u.a. der Anfechtung und Kündigung des Dienstvertrages sowie Leistungsunvermögens des Klägers, nicht nachgewiesen. Die Beklagte hat in beiden Verfahren Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt (II ZR 175/16 und II ZR 176/16). Über diese hat der BGH noch nicht entschieden.
Beschränkung der Beweismittel im Urkundsprozess? Berufung der Beklagten auch im Verfahren 8 U 48/16 zurückgewiesen
Die Berufung der Beklagten gegen das Urkunden-Vorbehalts-Urteil des LG Bielefeld vom 12.04.2016 (15 O 13/16) hat das OLG Hamm hat auch im Verfahren 8 U 48/16 zurückgewiesen.
Und zwar hatte das Landgericht mit dem genannten Urteil dem Kläger für die Monate August 2015 bis Januar 2016 Vergütungsansprüche in Höhe von ca. 90.000 Euro zugesprochen. Das OLG Hamm habe in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass es an den Rechtspositionen festhält, die es in den Verfahren 8 U 155/15 und 8 U 35/15 eingenommen habe, so das LG.
Keine Zulassung der Revision
Die Revision gegen seine Entscheidung hat das OLG Hamm nicht zugelassen. Und zwar müssten die Parteien die in den genannten Urkundenprozessen möglichen Nachverfahren, in denen die im Zivilprozess zulässigen Beweismittel nicht beschränkt sind, zunächst in erster Instanz beim LG Bielefeld führen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 13.03.2017 und Juris das Rechtsportal
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