Darf eine Bank das Girokonto jederzeit ordentlich kündigen? Dazu hat der BGH am 15.01.2013, XI ZR 22/12, entschieden. Und zwar setzt die ordentliche Kündigung eines Kunden nicht voraus, dass seine private Bank eine Abwägung ihrer Interessen an einer Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den Interessen des Kunden an dessen Fortbestand vornimmt, so der BGH.
Was war passiert?
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Bücher und Zeitschriften vertreibt. Sie unterhielt bei der beklagten privaten Bank seit September 2006 ein Girokonto, das sie für ihren Geschäftsverkehr nutzte. Ihrer Vertragsbeziehung zur Beklagten lagen deren Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Banken 2002) zugrunde.
Die Beklagte teilte der Klägerin im Juli 2009 mit, sie sehe sich “aus grundsätzlichen Erwägungen” nicht mehr in der Lage, die Kontoverbindung mit der Klägerin aufrecht zu erhalten. Deshalb kündigte die Beklagte die Kontoverbindung mit einer sechswöchigen Kündigungsfrist.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass jedes Unternehmen auf eine Bankverbindung angewiesen sei. Daher dürfe ein Unternehmen darauf vertrauen, dass die Bank eine bestehende Geschäftsbeziehung nicht grundlos beende.
Mit ihrer in beiden Vorinstanzen erfolglosen Klage begehrt die Klägerin in der Revision vom BGH festzustellen, dass der Girovertrag fortbesteht.
Darf eine Bank das Girokonto jederzeit ordentlich kündigen? Dazu hat der BGH
Der erkennende Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Nach Ansicht der Richter ist in Nr. 19 AGB-Banken ein ordentliches Kündigungsrecht wirksam vereinbart, obwohl die Bestimmung der Beklagten nicht abverlangt, ihr Interesse an einer Vertragsbeendigung mit dem Interesse der Klägerin an der Fortführung des Vertrages abzuwägen und sie eine Mindestkündigungsfrist von (nur) sechs Wochen vorsehe. Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand
Insbesondere statuiert das vom Grundsatz der Privatautonomie beherrschte bürgerliche Recht keine über eine mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Gleichheitssatzes begründbare allgemeine Pflicht zur Gleichbehandlung. Entsprechend oblag es der Beklagten nicht, eine Ungleichbehandlung der Klägerin im Verhältnis zu anderen Kunden mittels einer Angemessenheits- oder Verhältnismäßigkeitsprüfung sachlich zu rechtfertigen.
Der konkrete Fall bietet nach Auffassung der Richter auch keine Besonderheiten, die eine Kündigung als rechtsmissbräuchlich bzw. als schikanös oder eine Kündigungsfrist von sechs Wochen als zu kurz bemessen erscheinen lassen.
Das Gericht musste den Fall (nur) deshalb zurückverweisen, da das OLG Bremen in der Vorinstanz versäumt hatte festzustellen, ob ein ordnungsgemäß bevollmächtigter Mitarbeiter die Kündigung des Girovertrages unterschrieben hatte. Im Berufungsverfahren sei nicht aufgeklärt worden, ob die Beklagte bei der Erklärung der Kündigung wirksam vertreten war. Im Revisionsverfahren sei deshalb von einer unzureichenden Vertretung der Beklagten mit der Folge auszugehen, dass die Kündigung nicht als wirksam angesehen werden kann. Das Berufungsgericht habe nun aufzuklären, ob eine wirksame Vertretung vorlag.
Was lernen wir daraus?
Privatbanken sind, anders als Sparkassen gerade keine öffentlich-rechtlichen Unternehmen. Deshalb haben sie im Rahmen ihres ordentlichen Kündigungsrechts keine Pflicht, die Kündigung in irgendeiner Weise zu begründen. Kunden müssen die Unannehmlichkeiten eines Bankenwechsels im Rahmen der Privatautonomie dann hinnehmen.
Darf eine Bank das Girokonto jederzeit ordentlich kündigen?
Siehe auch: https://raheinemann.de/haftung-fuer-geldwaesche-bei-fremdnutzung-girokonto-fuer-internetbetrug/ und https://raheinemann.de/kuendigungsklausel-in-bausparvertrag-unwirksam/ und https://raheinemann.de/sparkasse-war-ordnungsgemaess-vertreten-bei-kuendigungsrechtsstreit/