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Familiengerichte zuständig für Corona-Schutz in Schulen? Dazu hat das OLG Jena am 14.05.2021, 1 UF 136/21, entschieden. Und zwar hat das OLG Jena der sofortigen Beschwerde des Freistaates Thüringen stattgegeben und den Beschluss des Familiengerichts Weimar vom 09.04.2021 aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Was ist passiert?

Anregung Rechtmäßigkeitsprüfung beim AG Weimar

Beim Familiengericht Weimar hatten die Eltern zweier Kinder, die in Weimar zur Schule gehen, angeregt, zu deren Schutz von Amts wegen ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung einzuleiten. Diese Eltern vertraten die Auffassung, das körperliche, seelische und geistige Wohl der Kinder und aller weiteren Kinder, die die gleichen Schulen wie ihre Söhne besuchen, sei gefährdet. Und zwar aufgrund der Anordnungen zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes und zur Wahrung räumlicher Distanz.

Aus diesem Grund haben sie eine Rechtmäßigkeitsüberprüfung der diesen Anordnungen zugrundeliegenden Vorschriften angeregt. Insbesondere der einschlägigen Dritten Verordnung über außerordentliche Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2.

Familiengerichte zuständig für Corona-Schutz in Schulen? Die Entscheidung des AG Weimar

Das Familiengericht Weimar hat in dem eingeleiteten Eilverfahren den Lehrern, den Schulleitungen sowie deren Vorgesetzten einstweilen untersagt, das Maskentragen, die Einhaltung von Mindestabständen und die Teilnahme an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 anzuordnen oder vorzuschreiben. Außerdem erlegte es den Leitungen und den Lehrern der von den beteiligten Kindern besuchten Schulen, den Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten.

Dabei hat sich das Familiengericht zur Entscheidung für zuständig gehalten. Und weiterhin hat das Familiengericht Weimar zur Begründung für seine Anordnungen sinngemäß ausgeführt, dass diese wegen einer gegenwärtigen Kindeswohlgefährdung durch die von den Eltern kritisierten Maßnahmen und dem Unvermögen der Eltern, diese Gefahr von den Kindern abzuwenden, erforderlich seien.

Familiengerichte zuständig für Corona-Schutz in Schulen? Dazu das OLG Jena

Das Thüringer hat mit Beschluss vom 14.05.2021 den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Weimar vom 09.04.2021, 9 F 148/21, aufgehoben. Weiterhin hat das OLG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren eingestellt.

Und zwar wäre das Amtsgericht vor einer Sachentscheidung gehalten gewesen, vorab über seine Zuständigkeit zu entscheiden, so das OLG. Dabei hätte das Familiengericht Weimar berücksichtigen müssen, dass es im vorliegenden Fall keine Regelungskompetenz habe. Und zwar für das mit der Anregung der Eltern verfolgte Ziel, zum Schutz der Kinder schulinterne Maßnahmen, wie die Anordnung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und die Abstandsregeln, außer Kraft zu setzen und die Rechtmäßigkeit der diesen Anordnungen zugrundeliegenden Vorschriften zu überprüfen.

Die zuständigen Behörden seien in Ihrer Entscheidung an die das Kindeswohl schützenden Grundrechte gebunden. Dabei oblige allein den Verwaltungsgerichten die gerichtliche Kontrolle dieses Behördenhandelns und zwar auch hinsichtlich von Gesundheitsschutzmaßnahmen in den jeweiligen Schulen.

Insbesondere sei die Vorschrift des § 1666 Abs. 4 BGB keine Rechtsgrundlage für das Familiengericht zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung des Kindeswohls gegenüber Behörden bzw. Beamten dieser Behörden. Und zwar seien Behörden, Regierungen und sonstige Träger staatlicher Gewalt keine „Dritte“ im Sinne der Vorschrift, gegen die in Angelegenheiten der Personensorge Maßnahmen getroffen werden könnten.

Überprüfen Familiengerichte Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen? Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen. Und zwar wegen grundsätzlicher Bedeutung.

Quellen: Pressemitteilung des OLG Jena Nr. 1/2021 v. 18.05.2021 und Juris das Rechtsportal

Familiengerichte zuständig für Corona-Schutz in Schulen?

Siehe auch:

https://raheinemann.de/umgangsrecht-wegen-corona-pandemie-eingeschraenkt/ und https://raheinemann.de/wessen-haushaltsanghoerige-sind-kinder-bei-getrennt-lebenden-eltern/ und https://raheinemann.de/gebietet-kindeswohl-umgangspflicht-des-vaters/ und https://raheinemann.de/alleiniges-sorgerecht-und-kindeswohl/ und https://raheinemann.de/uebertragung-sorgerecht-und-vereinbarkeit-mit-dem-kindeswohl/ und https://raheinemann.de/bundesrat-will-ausweitung-des-kinderlaerm-privilegs/ und https://raheinemann.de/reform-der-elterlichen-sorge-evaluiert/ und https://raheinemann.de/vorrang-von-pflegeeltern-gegenueber-verwandten-wegen-kindeswohl/ und https://raheinemann.de/kindergartenkind-erhaelt-kein-schmerzensgeld-bei-haeuslicher-quarantaene/

Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Familiengerichte zuständig für Corona-Schutz in Schulen? Dazu hat das OLG Jena am 14.05.2021, 1 UF 136/21, entschieden.
Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Familiengerichte zuständig für Corona-Schutz in Schulen? Dazu hat das OLG Jena am 14.05.2021, 1 UF 136/21, entschieden.