Hat Darlehensnehmer sein Widerrufsrecht verwirkt? Dazu hat am 13.12.2016 das AG Magdeburg zu Az. 160 C 752/16 (160) entschieden. Und zwar hat das AG Magdeburg die Klage abgewiesen. Der Darlehensnehmer habe sein Recht auf Widerruf seiner auf den Darlehensvertragsabschluss mit der Beklagten gerichteten Willenserklärungen verwirkt, so das AG.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Hat Darlehensnehmer sein Widerrufsrecht verwirkt? Dazu hatte das AG Magdeburg über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Die Kläger machen gegenüber der Beklagten nach Widerruf der mit der Beklagten am 11.05.2004 geschlossenen Verbraucherdarlehensverträge Zahlungsansprüche geltend.
Die Kläger vertreten die Ansicht, dass die in den Darlehensverträgen enthaltenen Widerrufsbelehrungen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Deswegen seien sie berechtigt gewesen, ihre Willenserklärungen zu widerrufen. Die Widerrufsbelehrungen würde nicht dem in der Infoverordnung in der seinerzeitigen Fassung geregelten Muster entsprechen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass den Klägern wegen Ablauf der Widerrufsfrist ein Widerrufsrecht nicht mehr zusteht. Außerdem wendet die Beklagte ein, dass die Widerrufe eine unzulässige Rechtsausübung darstellen und das Recht zum Widerruf hierzu außerdem verwirkt sei.
Hat Darlehensnehmer sein Widerrufsrecht verwirkt? Dazu das AG Magdeburg
Die Entscheidung
Das AG Magdeburg hat die Klage abgewiesen.
Verwirkung
Nach Ansicht des Amtsgerichts könne es dahinstehen, ob die durch die Beklagte erteilte Widerrufsbelehrung den zur Zeit des Vertragsabschlusses geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht und ob für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Belehrung die Beklagte sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-Infoverordnung berufen kann, weil die Kläger aufgrund ihres widersprüchlichen Verhaltens mit ihrem Widerruf gegen Treu und Glauben verstoßen hätten. Danach sei das Widerrufsrecht der Kläger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB wegen des Einwandes der Verwirkung ausgeschlossen. Sowohl das dafür erforderliche Zeit- als auch das Umstandsmoment seien gegeben. Das Zeitmoment sei angesichts dessen, dass über 11 Jahre zwischen Vertragsschluss und Widerruf liegen, gegeben.
Zum Umstandsmoment führte das Gericht folgendes aus: Die Parteien hätten am 07.04.2009 eine Prolongationsvereinbarung abgeschlossen und im Januar 2014 eine Vereinbarung zur Anschlussfinanzierung. Weiterhin hätten die Parteien noch im Jahr 2011 die Tilgungsrate beider Darlehen auf 2% angehoben. Den Klägern seien zudem zusätzliche Sondertilgungsmöglichkeiten eingeräumt worden, die diese auch genutzt hätten. Sogar noch nach Widerruf der Verträge durch die Kläger sei im Februar 2016 eine Sonderzahlung in Höhe von 5.000,00 € geleistet worden. Vor diesem Hintergrund habe bei der Beklagten der Eindruck entstehen müssen, dass die Kläger an den Verträgen festhalten, weshalb die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstoße. Der Widerruf würde für die Beklagte auch einen erheblichen Nachteil darstellen.
Hat Darlehensnehmer sein Widerrufsrecht verwirkt? Fehlende Kenntnis ohne Auswirkung auf die Verwirkung
Weiterhin komme es bei der Beurteilung der Frage, ob es sich vorliegend bei dem Widerruf um eine unzulässige Rechtsausübung handelt, nicht darauf an, das die Kläger erst im Jahr 2015 von dem Fortbestehen des Widerrufsrechts Kenntnis erlangt hätten. Verwirkung könne selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung habe.
Quelle: Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 13.12.2016
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Siehe auch:
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