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Kein Widerrufsrecht für Leasingnehmer bei Kilometerleasing? Dies hat der BGH am 24.02.2021, VIII ZR 36/20, entschieden. Und zwar steht einem Leasingnehmer, der als Verbraucher mit einem Unternehmer einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung abgeschlossen hat, ein Recht zum Widerruf des Vertrags nicht zu, so der BGH.

Was ist passiert?

Kein Widerrufsrecht für Leasingnehmer bei Kilometerleasing?

Der Kläger hat im Jahr 2015 als Verbraucher mit der beklagten Leasinggeberin im Jahr 2015 einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug mit Kilometerabrechnung (so genannter Kilometerleasingvertrag) abgeschlossen. Er beansprucht aufgrund eines vom ihm im März 2018 erklärten Widerrufs Rückerstattung sämtlicher erbrachter Leasingzahlungen.

Das Landgericht Stuttgart – Urteil vom 20. November 2018 – 8 O 275/18 – hat die Klage abgewiesen. Danach ist auch die Berufung des Klägers vor dem Oberlandesgericht Stuttgart – Urteil vom 29 Oktober 2019 – 6 U 338/18 – erfolglos ist geblieben. 

Kein Widerrufsrecht für Leasingnehmer bei Kilometerleasing? Dazu der BGH:

Die Entscheidung

Der BGH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Und zwar habe das Berufungsgericht ein Widerrufsrecht des Klägers unter jedem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt zu Recht verneint, so der BGH.

Kein Widerrufsrecht für den Leasingnehmer bei Kilometerleasing? Voraussetzungen der Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB nicht erfüllt

Ein Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung erfülle nicht die Voraussetzungen der Vorschrift des § 506 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis Nummer 3 BGB (und zwar in der bei Vertragsschluss und auch heute noch geltenden Fassung). Und zwar sehe er weder eine Erwerbspflicht des Leasingnehmers noch ein Andienungsrecht des Leasinggebers noch eine Restwertgarantie des Leasingnehmers vor.

Auch aus § 506 Abs. 1 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung ergebe sich kein Widerrufsrecht des Leasingnehmers bei einem Kilometerleasingvertrag. Ein Rückgriff auf diese Bestimmung als Auffangtatbestand komme nicht in Betracht.

Die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB zähle die Fälle entgeltlicher Nutzungsverträge, die als eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe anzusehen sind, abschließend auf. Und zwar liege nur in den genannten Fällen gemäß § 506 Abs. 1 BGB (in der genannten Fassung) nach den Vorschriften des Verbraucherkreditrechts ein Recht des Leasingnehmers zum Widerruf des Leasingvertrags vor.

Kein Widerrufsrecht für den Leasingnehmer bei Kilometerleasing? – Auch keine Analogie

Auch die Voraussetzungen für eine Analogie lägen nicht vor. Deshalb scheide auch ein Widerrufsrecht des Leasingnehmers in entsprechender Anwendung des – die Fälle einer Restwertgarantie regelnden – Vorschrift des § 506 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 BGB aus. Und zwar liege weder eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes vor noch treffe die vom Gesetzgeber bei der Schaffung der genannten Bestimmung vorgenommene Interessenbewertung auf Kilometerleasingverträge zu. 

Bei Einführung des § 506 BGB habe sich der Gesetzgeber nicht an der bisherigen Rechtslage orientiert. Die höchstrichterliche Rechtsprechung habe zuvor Leasingverträge mit Kilometerabrechnung als Finanzierungsleasingverträge eingestuft und sie als Finanzierungshilfen im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes angesehen.

Nunmehr habe der Gesetzgeber aber die Interessenbewertung der europäischen Verbrauchgüterkaufrichtlinie übernommen. Und zwar unterstelle diese Richtlinie die Leasingverträge lediglich im Falle einer – auch einseitig vom Leasinggeber auslösbaren – Erwerbspflicht des Leasingnehmers dem Verbraucherkreditrecht.

Kein Widerrufsrecht für den Leasingnehmer bei Kilometerleasing? – Auch keine Umgehung

Auch stelle der Abschluss eines Kilometerleasingvertrags nicht ein Umgehungsgeschäft nach § 511 Satz 2 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung (heute § 512 BGB) dar. Und zwar hätte ein Umgehungsgeschäft die Folge, dass § 506 Absatz 1 BGB anwendbar ist und der Verbraucher gemäß §§ 495, 355 BGB habe. Der Kilometerleasingvertrag hätte allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht von § 506 BGB erfasst werden sollen. Dieser Umstand begründe dann auch keine Umgehung dieser Regelung.

Auch habe die Beklagte durch den Umstand, dass sie dem Kläger eine „Widerrufsinformation“ erteilt hat, diesem nicht ein Angebot auf Einräumung eines (von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängigen) vertraglichen Widerrufsrechts unterbreitet.

Quellen: Pressemitteilung des BGH Nr. 39/2021 v. 24.02.2021 und Juris das Rechtsportal

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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