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EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen. Und zwar hat der EuGH am 09.09.2021 zu C-33/20, C-155/20 und C-187/20 entschieden. In seinem Urteil legt der EuGH Maßgaben zur Auslegung von Regelungen zu Art. 10 und Art. 14 der Richtlinie 2008/48 über Verbraucherkredite fest.

Was ist passiert?

EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen – Die Ausgangsrechtsstreite

Im Zusammenhang mit dem Widerruf von Verbraucherkreditverträgen (§ 491 Abs. 2 S. 1 BGB), die zur Finanzierung eines Autokaufs abgeschlossen wurden, streiten vor dem Landgericht Ravensburg mehrere Autokäufer mit der Volkswagen Bank, der Skoda Bank bzw. der BMW Bank. Und zwar geht es in den Rechtsstreiten jeweils um die Frage des wirksamen Widerrufs der mit diesen Banken zwecks eines Autokaufs geschlossenen Kreditverträge noch Jahre nach Vertragsabschluss. Teilweise waren die betreffenden Kreditverträge schon vollständig getilgt. Die Kläger sind der Ansicht, dass die Verträge nicht alle erforderlichen Informationen enthalten hätten.

EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen – Landgericht Ravensburg mit Vorlage zum EuGH

Artikel 14 der Richtlinie 2008/48 über Verbraucherkredite bestimmt, dass der Verbraucher den Kreditvertrag innerhalb von 14 Kalendertagen ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. Weiterhin regelt diese Vorschrift, dass die Widerrufsfrist entweder am Tag des Abschlusses des Kreditvertrags beginnt oder an dem Tag, an dem der Verbraucher die Vertragsbedingungen und die Informationen gemäß Artikel 10 der Richtlinie erhält, sofern dieser später liegt. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht Ravensburg EuGH um Auslegung dieser beiden Richtlinienbestimmungen mit verschiedenen Vorlagefragen ersucht.

EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen

Mit seinem Urteil antwortet der Gerichtshof dem Landgericht Ravensburg zur Auslegung der einschlägigen Art. 10 und 14 der der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (nachfolgend „Richtlinie“ genannt) wie folgt.

EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen

1. Zu Art. 10 Abs. 2 Buchst. a, c und e der Richtlinie

Im Kreditvertrag muss gegebenenfalls in klarer, prägnanter Form angegeben werden, dass es sich um einen „verbundenen Kreditvertrag“ im Sinne von Art 3 Buchst. n der Richtlinie handelt. Weiterhin muss angegeben werden, dass dieser verbundene Kreditvertrag als befristeter Vertrag geschlossen worden ist.

2. Zu Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie

Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie stelle bei einem „verbundenen Kreditvertrag“ im Sinne von Art. 3 Buchst. n dieser Richtlinie nachfolgende Anforderungen nicht.

Und zwar, dass in einem solchen Vertrag, der ausschließlich der Finanzierung eines Vertrags über die Lieferung eines Gegenstands dient und vorsieht, dass der Kreditbetrag an den Verkäufer dieses Gegenstands ausgezahlt wird, angegeben wird, dass der Verbraucher in Höhe des ausgezahlten Betrags von seiner Verbindlichkeit zur Zahlung des Kaufpreises befreit ist.

Und weiterhin, dass der Verkäufer dem Verbraucher nach vollständiger Bezahlung den gekauften Gegenstand auszuhändigen hat.

3. Art. 10 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie

In dem Kreditvertrag sei der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben. Und außerdem sei der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret zu beschreiben.

Ein Verweis im Kreditvertrag auf den Basiszinssatz reiche aus, wenn die Parteien des betreffenden Kreditvertrags vereinbart haben, dass der Verzugszinssatz nach Maßgabe des von der Zentralbank eines Mitgliedstaats festgelegten und in einem für jedermann leicht zugänglichen Amtsblatt bekannt gegebenen Änderung des Basiszinssatzes geändert wird, sofern die Methode zur Berechnung des Satzes der Verzugszinsen nach Maßgabe des Basiszinssatzes in diesem Vertrag beschrieben wird.

Allerdings seien dabei zwei Voraussetzungen zu beachten. Zum einen müsse die Darstellung dieser Berechnungsmethode für einen Durchschnittsverbraucher, der nicht über Fachkenntnisse im Finanzbereich verfügt, leicht verständlich sein und es ihm ermöglichen, den Verzugszinssatz auf der Grundlage der Angaben im Kreditvertrag zu berechnen. Zum anderen müsse auch die Häufigkeit der Änderung dieses Basiszinssatzes, die sich nach den nationalen Bestimmungen richtet, in dem fraglichen Kreditvertrag angegeben werden.

EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen:

4. Art. 10 Abs. 2 Buchst. r der Richtlinie

Es sei die Methode für die Berechnung der bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens fälligen Entschädigung in einer konkreten und für einen Durchschnittsverbraucher leicht nachvollziehbaren Weise im Kreditvertrag anzugeben. Und zwar dergestalt, dass dieser die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der in diesem Vertrag erteilten Informationen bestimmen kann.

5. Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie

Diese Vorschrift der Richtlinie verlange nicht, dass im Kreditvertrag alle Situationen anzugeben sind, in denen den Parteien des Kreditvertrags ein Kündigungsrecht nicht durch diese Richtlinie, sondern nur durch die nationalen Rechtsvorschriften zuerkannt wird.

6. Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie

Diese Vorschrift der Richtlinie verwehre es dem Kreditgeber nach folgender Maßgabe, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß dieser Bestimmung durch den Verbraucher auf den Einwand der Verwirkung zu berufen. Und zwar dann, wenn eine der in Art 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist. Und zwar gelte dies unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte, ohne dass er diese Unkenntnis zu vertreten hat.

7. Urteil des EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen – Die Richtlinie

Der Kreditgeber dürfe im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie durch den Verbraucher wie folgt keinen Rechtsmissbrauch annehmen. Und zwar dann nicht, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist. Und zwar unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte.

8. Art. 10 Abs. 2 Buchst. t der Richtlinie

Im Kreditvertrag seien die wesentlichen Informationen über alle dem Verbraucher zur Verfügung stehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die mit diesen Verfahren verbundenen Kosten anzugeben. Und zwar darüber, ob die Beschwerde oder der Rechtsbehelf per Post oder elektronisch einzureichen ist, über die physische oder elektronische Adresse, an die die Beschwerde oder der Rechtsbehelf zu senden ist, und über die sonstigen formalen Voraussetzungen, denen die Beschwerde oder der Rechtsbehelf unterliegt. Dazu sei zur Angabe dieser Informationen sei folgendes zu beachten.

Und zwar reiche ein bloßer Verweis im Kreditvertrag auf eine im Internet abrufbare Verfahrensordnung oder auf ein anderes Schriftstück oder Dokument, in dem die Modalitäten der außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren festgelegt sind, nicht aus.

Quellen: Pressemitteilung des EuGH v. 09.09.2021 und Juris das Rechtsportal

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

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