Ausbildungsvergütung nach Insolvenzantrag zurückzuzahlen? Dazu hat am 26.10.2017, Az. 6 AZR 511/16, das BAG entschieden. Und zwar muss ein Auszubildender, der eine ihm zustehende Ausbildungsvergütung unter dem Druck von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt hat, die Vergütung im Wege der Insolvenzanfechtung an die Masse zurückgewähren, wenn die Zahlungen nach dem Insolvenzantrag erfolgt sind, der zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat, so das BAG.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Ausbildungsvergütung nach Insolvenzantrag zurückzuzahlen? Zu dieser Frage hatte das BAG über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Von der späteren Schuldnerin wurde der Kläger von 2008 bis 2012 zum Metallbauer ausgebildet. Zuletzt stand ihm stand eine monatliche Ausbildungsvergütung von 495,20 Euro brutto zu. Er schloss im Oktober 2012 in einem nach Abschluss seiner Ausbildung eingeleiteten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht mit der Schuldnerin einen Vergleich. Und zwar verpflichtete sie sich in diesem Vergleich, rückständige Ausbildungsvergütung von 2.800 Euro netto zu zahlen. Jedoch erst im Dezember 2012 und Januar 2013 erfolgten unter dem Druck von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die der Kläger eingeleitet hatte, Zahlungen.
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 15.09.2014 eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Als Grundlage der Eröffnung nennt der Eröffnungsbeschluss neben zwei Anträgen aus dem Jahr 2014 ausdrücklich auch einen bereits am 07.10.2010 – und damit mehr als zwei Jahre vor der Zahlung der rückständigen Ausbildungsvergütung – gestellten Insolvenzantrag.
Die Vorinstanzen
Ausbildungsvergütung nach Insolvenzantrag zurückzuzahlen? Mit seiner Widerklage verlangt der Insolvenzverwalter die Rückzahlung der vom Kläger erstrittenen Ausbildungsvergütung. Und zwar hat der Kläger geltend gemacht, es sei nicht nachvollziehbar, warum das Verfahren auch auf den Antrag vom 07.10.2010 hin eröffnet worden sei. Ihm könne zudem durch die Anfechtung nicht die Ausbildungsvergütung entzogen werden, die auch sein Existenzminimum habe sichern sollen.
Das Arbeitsgericht hat die Widerklage abgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das LArbG Hamm, Urt. v. 08.04.2016 – 16 Sa 944/15 – der Widerklage stattgegeben.
Ausbildungsvergütung nach Insolvenzantrag zurückzuzahlen? Dazu das BAG:
Die Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg.
Ausbildungsvergütung nach Insolvenzantrag zurückzuzahlen? Insolvenzanfechtung gem. § 131 InsO
Zahlungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer und Auszubildende, die nicht in der geschuldeten Art erfolgen (inkongruente Deckung), können nach Auffassung des BAG vom späteren Insolvenzverwalter gemäß § 131 Absatz 1 Nummer 1 InsO ohne weitere Voraussetzungen zur Masse zurückgefordert werden (Insolvenzanfechtung), wenn die Zahlungen nach dem Insolvenzantrag vorgenommen worden sind, der zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat.
Ausbildungsvergütung nach Insolvenzantrag zurückzuzahlen? Druckzahlungen inkongruent
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH seien dabei Zahlungen, die der Arbeitgeber erbringe, um eine unmittelbar bevorstehende Zwangsvollstreckung abzuwenden (Druckzahlungen), nicht in der geschuldeten Weise erbracht und damit inkongruent.
Der Gesetzgeber habe diese Einordnung wiederholt unbeanstandet gelassen. Aus diesem Grund habe sich das BAG der Rechtsprechung des BGH angeschlossen. Die im Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz“ (BT-Drs. 18/7054) vorgesehene Gesetzesänderung, nach der eine inkongruente Deckung nicht allein deswegen vorliegen sollte, weil die Befriedigung durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren Abwendung bewirkt worden war, wurde zuletzt nicht verwirklicht. Der Gesetzgeber habe sich vielmehr bewusst dagegen entschieden, solche Zahlungen als kongruent anzusehen (BT-Drs. 18/11199, S. 10 f.).
Ausbildungsvergütung nach Insolvenzantrag zurückzuzahlen? Keine Anfechtungssperre
Die Arbeitsgerichte als sog. Prozessgerichte waren vorliegend im Anfechtungsstreit daran gebunden, dass das Amtsgericht als Insolvenzgericht im rechtskräftig gewordenen Eröffnungsbeschluss auch den Insolvenzantrag vom 07.10.2010 als Eröffnungsgrundlage bestimmt hatte. Anlass für die Erwägung einer verfassungsrechtlich legitimierten Anfechtungssperre bestehe nach ständiger Rechtsprechung des BAG nicht. Und zwar, weil der Arbeitnehmer in solchen Fällen die zur Absicherung des Existenzminimums vorgesehenen und geeigneten staatlichen Hilfen wie Grundsicherung und Insolvenzgeld in Anspruch nehmen könne. Auch für den Fall der Rückforderung einer Ausbildungsvergütung im Wege der Insolvenzanfechtung habe das BAG daran festgehalten.
Quellen: Pressemitteilung des BAG Nr. 47/2017 v. 26.10.2017 und Juris das Rechtsportal
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