Anspruch auf Intensivpflege von teurem Pflegedienst? Dazu hat am 21.06.2019 das SG Münster zu Az. S 17 KR 1206/19 ER entschieden. Und zwar hat ein Versicherter nach Ansicht des SG Münster unter folgenden Voraussetzungen keinen Anspruch auf Durchführung häuslicher Krankenpflege durchweg vom selben Pflegedienst:
- Andere von der Krankenkasse benannte Pflegedienste können die Krankenpflege ebenfalls fachgemäß durchführen können.
- Und außerdem liegt keine persönliche, einen Wechsel erschwerende Bindung des Versicherten an eine bestimmte Pflegeperson vor.
Was ist passiert?
Klägerin war eine zwölfjährige Versicherte, die nach einem Ertrinkungsunfall multipel behindert war. Die beklagte Krankenkasse hatte in einem Umfang von 50 Stunden in der Woche sog. häusliche Krankenpflege (unter anderem Absaugen der oberen Luftwege und Krankenbeobachtung) bewilligt. Der bisherige Pflegedienst hatte dann seinen Versorgungsvertrag mit der Krankenkasse zum Ende des Monats Juni 2019 gekündigt. Daraufhin hatte er eine weitere Pflegetätigkeit von einer höheren Bezahlung abhängig gemacht.
Infolgedessen beantragte die Versicherte durch ihre Eltern rein vorsorglich gerichtlichen Rechtsschutz. Dabei bestand die Zielstellung, die Krankenkasse zur Weiterversorgung mit dem bisherigen Pflegedienst auch über Juni 2019 hinaus zu verpflichten.
Anspruch auf Intensivpflege von teurem Pflegedienst? – Was sagt das SG Münster dazu?
Die Entscheidung
Das SG Münster hat den Eilantrag abgelehnt.
§ 37 Abs. 4 SGB V
Nach § 37 Abs. 4 SGB V seien Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen kann (§ 37 Abs. 4 Var. 1 SGB V) oder Grund besteht, davon abzusehen (§ 37 Abs. 4 Var. 2 SGB V), so das SG Münster. § 37 Abs. 4 SGB V erfasse jene Fälle, in denen die Krankenkasse die Sachleistung nicht erbringen kann, weil sie z.B. nach der ersten Alternative über keine ausreichende Anzahl von geeigneten Pflegekräften verfügt. Oder, wenn nach der zweiten Alternative der Versicherte z.B. in seiner Person liegende Gründe aufweise, aufgrund derer nur eine spezielle Pflegekraft in Betracht kommt, die auch nicht vertraglich gegenüber der Krankenkasse gebunden sein muss.
Anspruch auf Intensivpflege von teurem Pflegedienst? Voraussetzungen des § 37 Abs. 4 SGB V nicht gegeben
Zwei andere Pflegedienste, die von der Krankenkasse benannt worden waren, seien aber ebenfalls in der Lage, die Intensivpflege des Mädchens ab Monat Juli 2019 in angemessener Weise sicherzustellen. Auch eine persönliche Bindung der Versicherten zu einer bestimmten Pflegeperson sei nicht erkennbar. Außerdem habe der bisherige Pflegedienst in der Vergangenheit offenbar mehrere Pflegepersonen eingesetzt. Und zwar sei einem solchen Sachverhalt der Wechsel von einem teureren hin zu einem preiswerteren Pflegedienst zu ermöglichen. Insbesondere auch, um im Interesse der anderen Versicherten dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu genügen.
Anspruch auf Intensivpflege von teurem Pflegedienst? Auch keine Glaubhaftmachung
Es sei von der Antragstellerin auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass die beiden von der Antragsgegnerin genannten Pflegedienste – personell und/oder fachlich – nicht in der Lage seien, die von der Antragstellerin benötigte Intensivpflege in angemessener Weise sicherzustellen.
Quellen: Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen v. 28.06.2019 und Juris das Rechtsportal
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Siehe auch: https://raheinemann.de/anspruch-auf-uebernahme-hoeherer-kosten-fuer-leihe-eines-pflegebettes/ und https://raheinemann.de/kostenerstattung-krankenkasse-bei-knie-op-in-privatkrankenhaus/ und https://raheinemann.de/kostenuebernahme-durch-krankenkasse-fuer-blutwaesche/ und https://raheinemann.de/zahnersatz-in-polen-bedarf-vorheriger-genehmigung-der-krankenkasse/ und https://raheinemann.de/kosten-einer-sterilisation-zulasten-der-gesetzlichen-krankenkasse/ und https://raheinemann.de/vier-prozent-pauschaler-gewinnzuschlag-fuer-pflegeheime/ und https://raheinemann.de/besuchseinschraenkungen-in-pflegewohnheimen-rechtmaessig/
und
Leistungen der Verhinderungspflege auch im betreuten Wohnen?