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Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Dazu hat am 07.08.2018 das LArbG Kiel zu Az. 1 Sa 23/18 entschieden. Und zwar kann ein Arbeitsvertrag zustande kommen, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit tatsächlich aufnimmt und der Arbeitgeber die Arbeit annimmt, so das LArbG Kiel. Insoweit würden Angebot und Annahme des Arbeitsvertrages durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch schlüssiges Handeln – konkludent – erklärt. Arbeitsvertrag kommt bei Arbeitsaufnahme zustande. Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages sei nicht erforderlich.

Was ist passiert?

Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Der Sachverhalt

Kläger war ein Arbeitnehmer, der zunächst bei einem Konzernunternehmen arbeitete. Bei diesem Konzernunternehmen war die Schließung des Standortes absehbar. Im Zusammenhang mit der Suche einer wohnortnahen Beschäftigung in einem anderen Konzernunternehmen für den klagenden Arbeitnehmer übersandte die konzernangehörige beklagte Arbeitgeberin dem klagenden Arbeitnmehmer u.a. diverse Willkommensinformationen. In diesem Zusammenhang erklärte der zukünftige Vorgesetzte dem klagenden Arbeitnehmer, dass dieser am 01.06.2016 bei der Beklagten anfangen werde. Daraufhin bestätigte der klagende Arbeitnehmer in einer mit den Willkommensinformationen beigefügten Einverständniserklärung, dass er mit Tätigkeit und Bezahlung einverstanden sei. Ohne das es zum Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages kam, nahm der Kläger am 01.06.2016 seine Arbeit bei der beklagten Arbeitgeberin auf und wurde vertragsgerecht vergütet.

Dann wurde dem Kläger und anderen Mitarbeitern im September 2016 mitgeteilt, dass insoweit ein Fehler vorliege, als der alte Arbeitgeber den Kläger und weitere Mitarbeiter an die beklagte Arbeitgeberin im Wege der Arbeitnehmerüberlassung verliehen habe. Infolge dessen bestehe kein Arbeitsverhältnis zur beklagten Arbeitgeberin.

Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Die I. Instanz

Das ArbG Kiel hatte mit Urteil vom 19.12.2017 – 3 Ca 381e/17 – der Klage des Arbeitnehmers auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten stattgegeben.

Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Dazu das LArbG Kiel:

Zustandekommen des Arbeitsvertrages durch schlüssiges Handeln?

Die Entscheidung

Die Berufung der beklagten Arbeitgeberin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hat das LArbG Kiel zurückgewiesen.

Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Möglichkeit des Vertragsschlusses durch schlüssiges Handeln

Ein Mitarbeiter könne als Arbeitnehmer mit Aufnahme der Arbeit ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages abgeben. Ein Arbeitsvertrag komme dann bei Arbeitsaufnahme zustande.

Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Maßgaben zum Vertragsschluss

Nach Maßgabe der §§ 145 ff BGB komme ein Arbeitsvertrag durch Antrag und Annahme zustande. Und zwar könnten die aufeinander bezogenen Willenserklärungen mündlich, schriftlich ausdrücklich oder konkludent durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Durch schlüssiges Handeln könne ein Arbeitsvertrag etwa zustande kommen durch eine Realofferte und deren konkludente Annahme. Dabei sei entscheidend, ob durch ein bestimmtes Verhalten der Parteien ihr übereinstimmender Wille zum Vertragsschluss zum Ausdruck kommt. Und zwar seien die gegenseitigen Erklärungen gemäß den §§ 133, 157 BGB auf der Grundlage des Empfängerhorizonts auszulegen.

Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Vertragsschluss im vorliegenden Fall

Danach ist zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Und zwar ist im vorliegenden Fall nach folgendem Procedere der Arbeitsvertrag bei Arbeitsaufnahme des betroffenen Mitarbeitern zustande gekommen.:

  • Ein Arbeitgeber hat durch einen nicht zum Abschluss von Arbeitsverträgen bevollmächtigten Mitarbeiter (zukünftiger Fachvorgesetzter) einem in einem anderen Unternehmen des Konzernes beschäftigten Mitarbeiter mitgeteilt, der betreffende Mitarbeiter werde zu ihm „wechseln“.
  • Dieser zukünftige Fachvorgesetzte hat dem betroffenen Mitarbeiter dabei die Konditionen der Beschäftigung mitgeteilt.
  • Der betroffene Mitarbeiter hat keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Arbeitnehmerüberlassung beabsichtigt ist.

Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages sei insoweit nicht erforderlich gewesen. Ein tarifliches Schriftformgebot für den Abschluss eines Arbeitsvertrags sei nicht konstitutiv. Folglich führe es in der Regel nicht zur Unwirksamkeit des durch tatsächliches Handeln zustande gekommenen Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag sei bei Arbeitsaufnahme zustande gekommen. Auch ohne Einhaltung der Schriftform sei ein Arbeitsvertrag wirksam.

Arbeitsvertrag nur in Schriftform wirksam? Das Urteil ist rechtskräftig

Das Urteil ist rechtskräftig. Das LArbG Kiel hat die Revision nicht zugelassen.

Quellen: Pressemitteilung des LArbG Kiel Nr. 9/2018 v. 17.12.2018 und Juris das Rechtsportal

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Siehe auch:

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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