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Kostenbeteiligung an stationärer Entfernung eines Brustimplantats? Dazu hat am 28.01.2019 das LSG Niedersachsen-Bremen, L 16 KR 324/18, entschieden. Und zwar müssen sich Patienten an den Kosten einer Behandlung beteiligen, wenn die Ursache der Krankheit in willkürlichen Veränderungen des eigenen Körpers liegt, so das LSG.

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Kostenbeteiligung an stationärer Entfernung eines Brustimplantats? Zu dieser Frage hatte das LSG Celle-Bremen über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Klägerin war eine 46-jährige Frau, die eine schönheitschirurgische Brustvergrößerung als Privatbehandlung durchführen ließ. Sechs Jahre nach dem Eingriff kam es zu Rissen an einem Silikonimplantat und einer Brustentzündung, woraufhin die Klägerin die Implantate durch neue ersetzen liess, die sie ebenfalls privat bezahlte. Die Kosten für die Entnahme der alten Implantate in Höhe von 6.400,00 € trug zunächst die Krankenkasse, die von der Klägerin eine Beteiligung in Höhe von 1.300 Euro forderte. Begründung: Das Gesetz sehe eine Kostenbeteiligung von Versicherten bei Folgeerkrankungen nach ästhetischen Operationen zwingend vor. Dies hielt die Frau für verfassungswidrig. Die Entwicklung der Schönheitschirurgie habe nach ihrer Ansicht dazu geführt, dass Brustimplantate völlig normal und üblich seien. Sich hübsch, sexy und begehrenswert zu präsentieren sei gesellschaftlich etablierter ästhetischer Standard. Abweichungen würden als Makel und psychische Beeinträchtigung empfunden. Die Zahl der Krankheitsfälle nach schönheitschirurgischen Eingriffen sei außerdem deutlich geringer als nach Sport-, Freizeit- oder Sexunfällen.

Die Vorinstanz

Kostenbeteiligung an stationärer Entfernung eines Brustimplantats? Das SG Hannover hat dies im vorliegenden Fall bejaht und mit Urteil vom 9. Mai 2018, S 86 KR 1513/17, entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht rechtswidrig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.

Kostenbeteiligung an stationärer Entfernung eines Brustimplantats? Dazu das LSG Niedersachen-Bremen

Die Entscheidung

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover, Urt. v. 09.05.2018 – S 86 KR 1513/17 – hat das LSG Celle-Bremen zurückgewiesen. Die Klage sei als Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG zulässig, jedoch nicht begründet, so das LSG. Das SG habe in seinem Urteil vom 9. Mai 2018 zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht rechtswidrig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.

Voraussetzungen des § 52 Abs 2 SGB V

Der Bescheid der Beklagten vom 26. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24. Oktober 2017 sei auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 52 Abs 2 SGB V seien erfüllt. Die Vorschrift laute: Haben sich Versicherte eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen, hat die Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligten und das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.

Die Krankenkasse zahle nach Auffassung des Landessozialgerichts grundsätzlich notwendige Leistungen nach dem Solidarprinzip ohne Rücksicht auf die Krankheitsursachen. Jedoch habe der Gesetzgeber Ausnahmen bei ästhetischen Operationen, Tätowierungen und Piercings geregelt. Um die Solidargemeinschaft vor unsolidarischem Verhalten Einzelner zu schützen, sei dies verfassungsrechtlich zulässig. Es spiele keine Rolle, ob die Inanspruchnahme der Schönheitschirurgie mittlerweile normal sei. Allein entscheidend sei, dass diese Behandlungen medizinisch nicht erforderlich seien.

Kostenbeteiligung an stationärer Entfernung eines Brustimplantats? Eine Kostenbeteiligung in Höhe der steuerlichen Belastungsfreigrenze, gemessen am Grad des Verschuldens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Frau, sei angemessen.

Kostenbeteiligung an stationärer Entfernung eines Brustimplantats? Kostenbeteiligung im vorliegenden Fall angemessen

Wie das SG geht auch das LSG davon aus, dass die im Bescheid angenommene Höhe der Kostenbeteiligung im Rahmen des Ermessens der Krankenversicherung nicht zu beanstanden ist. Gründe, die für eine weitere Reduzierung sprechen könnten, habe die Klägerin zu keiner Zeit substantiiert vorgetragen, so das LSG.  Vielmehr habe die Beklagte bereits zugunsten der Klägerin eine Untergrenze der Beteiligung im Rahmen des § 33 Abs 3 EStG angenommen und damit den Interessen der Klägerin hinreichend Rechnung getragen. Ob der Senat in diesem Fall  eine Kostenbeteiligung in Höhe von 50 % für angemessen gehalten hätte, brauche daher im Rahmen dieses Verfahrens nicht entschieden werden.

Quellen: Pressemitteilung des LSG Celle-Bremen Nr. 5/2019 v. 18.02.2019 und Juris das Rechtsportal

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

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Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Kostenbeteiligung an stationärer Entfernung eines Brustimplantats? Dazu hat am 28.01.2019 das LSG Niedersachsen-Bremen, L 16 KR 324/18, entschieden. Fragen Sie Ihren Fachanwalt für Medizinrecht in unserer Kanzlei