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Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Dazu hat das ArbG Suhl am 20.12.2023, 6 Ca 704/23, entschieden. Die DSGVO sehe Pflichten, Auskunftsansprüche und die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen bei Verstößen vor. Aber nicht jeder Verstoß führe automatisch zum Entstehen eines Schadensersatzanspruches (EUV 2016/679). Und zwar sei für den Anspruch auf Schadensersatz nach Art 82 EUV 2016/679 neben einem Verstoß auch ein Schaden sowie ein Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden erforderlich (Anschluss an EuGH, Urteil vom 4. Mai 2023 – C-300/21).

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Zu dieser Frage hatte das ArbG Suhl über den folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Der Kläger (nachfolgend auch „klagender Arbeitnehmer“ genannt) war im Zeitraum 10/2020 bis einschließlich 01/2022 bei Beklagten als seine ehemalige Arbeitgeberin (nachfolgend auch“ beklagte Arbeitgeberin“ genannt) beschäftigt. Er begehrte mit E.Mail vom 22.12.2021 von der beklagten Arbeitgeberin Auskunft über alle über ihn gespeicherten Daten in schriftlicher Form. Und zwar übersandte die beklagte Arbeitgeberin ihm mit unverschlüsselter Antwort-E-Mail vom 23.12.2021 eine Übersicht der digital verarbeiteten Daten.

Zudem wurden die gespeicherten personenbezogenen Daten des klagenden Arbeitnehmers ohne dessen Zustimmung an den Betriebsrat weitergeleitet. Die beklagte Arbeitgeberin erteilte dem klagenden Arbeitnehmer per Post im Frühjahr 2022 weitere Auskunft über die erhobenen und gespeicherten Daten.

Der klagende Arbeitnehmer erhob Beschwerde über Datenschutzverletzungen beim Thüringer Landesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (nachfolgend TLfDI). Dieser teilte dem Kläger mit, dass ein Verstoß gegen Art. 5 Abs.1 Buchst. f) DSGVO vorliege, da auf den Antrag des Klägers vom 22.12.2021 ein Datenblatt mit personenbezogenen Daten im pdf-Format als Anhang einer unverschlüsselten E-Mail übersandt wurde.

Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Die Auffassung des Klägers

Und zwar vertrat der klagende Arbeitnehmer die Auffassung, ihm stehe ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu. Die beklagte Arbeitgeerin habe nämlich mehrfach in erheblicher Weise gegen die DSGVO verstoßen und sei daher zu einer Geldentschädigung in Mindesthöhe der geltend gemachten 10.000 € netto verpflichtet.

Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Dazu das ArbG Suhl

Das ArbG Suhl hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Kein Anspruch aus Art. 82 DSGVOWeder konkreten Schaden noch Kausalzusammenhang dargelegt

Und zwar stehe dem klagenden Arbeitnehmer kein Anspruch aus Art. 82 DSGVO gegen die Beklagte auf Ersatz des von ihm geltend gemachten immateriellen Schadens zu.

Zwar liege ein Verstoß gegen Art. 5 DSGVO wegen des Versands der unverschlüsselten E-Mail liegt vor. Dies sei auch vom Thüringer Landesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit Bescheid vom 03.08.2023 bestätigt worden. Ob die Weiterleitung der Daten an den Betriebsrat und die monierte unvollständige Auskunftserteilung ebenfalls Verstöße gegen Regelungen der DSGVO darstellen, könne im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn der klagende Arbeitnehmer habe bereits keinen Schaden dargelegt.

Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Ohne konkreten Schaden und einem Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Schaden gebe es keine Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO. Den Kläger treffe die Darlegungs- und Beweislast.

Das Erfordernis des Nachweises eines tatsächlich erlittenen Schadens sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass ein vom Verordnungsgeber nicht gewolltes Ausufern von Schadensersatzforderungen in allen Fällen eines – tatsächlich für den Betroffenen folgenlosen – Datenschutzverstoßes vemieden werden solle (OLG Frankfurt, Urteil vom 02.03.2022 – 13 U 206/20).

Auch kein Anspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Auch einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes unter dem Gesichtspunkt der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts §§ 823 Abs 1, 253 BGB in Verbindung mit Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1 GG sah das ArbG Suhl nicht. Vorrausetzung dafür sei eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die vom klagenden Arbeiitnehmer nicht dargetan worden sei.

Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Was lernen wir daraus?

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Suhl steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Und zwar vertritt der EuGH die Auffassung, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen ist, dass der bloße Verstoß gegen die DSGVO nicht ausreicht, um einen datenschutzrechtlichen Schadensersatzanspruch zu begründen ( so EuGH mit Urteil vom 4. Mai 2023, Az.: C-300/21).

Die Entscheidung für die Praxis bedeutend. Und zwar bestätigt sie die Rechtsauffassung, dass ohne Vorliegen eines konkreten Schadens kein Schadensersatzanspruch besteht. Dies dient der Vermeidung unnötiger Schadensersatzklagen und schützt Unternehmen vor der Gefahr überhöhter Forderungen bei Datenschutzverstößen.

Quelle: Juris das Rechtsportal zu 6 Ca 704/23 | ArbG Suhl 6. Kammer | Urteil | Schadensersatz – Datenschutzverstoß – erforderlicher Schaden – Kausalität und www.dav-arbeitsrecht.de, https://ag-arbeitsrecht.de/de/leistungen/presseservice/datenschutzrecht-kein-schadensersatz-ohne-konkreten-schaden

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Bei Datenschutzverletzung automatisch Schadensersatz? Dazu hat das ArbG Suhl am 20.12.2023, 6 Ca 704/23, entschieden. Fragen Sie den Anwalt für Arbeitsrecht in unserer Kanzlei