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Eheschließung über Videotelefonie in Deutschland unwirksam? Dazu hat der BGH am 25.09.2024, Az. XII ZB 244/22, entschieden. Und zwar handele es sich um eine Eheschließung in Deutschland, wenn Verlobte die Eheschließungserklärungen per Videotelefonie in Deutschland vor einem Trauungsorgan im Ausland (hier: Behörde in Utah/USA) abgeben. Es handele sich dann um eine in Deutschland geschlossene Ehe, deren Wirksamkeit von der Einhaltung der im Inland vorgeschriebenen Form abhänge. Da diese für eine wirksame Eheschließung erforderliche Form nicht eingehalten worden sei, sei die im vorliegenden Fall geschlossene Ehe unwirksam (Abgrenzung zu Senatsbeschluss v. 29.9.2021 – XII ZB 309/21).

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Eheschließung über Videotelefonie in Deutschland unwirksam? Zu dieser Frage hatte der BGH über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Sie schlossen im Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah (Vereinigte Staaten von Amerika). Und zwar befanden sich die beiden Antragsteller während der Eheschließung in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Anschließend erhielten sie eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Nachdem die Eheschließung auf ihre Vorsprache von der zuständigen Meldebehörde nicht als wirksam angesehen wurde, meldeten die Antragsteller die beabsichtigte Eheschließung beim zuständigen Standesamt an.

Das Standesamt hat eine Zweifelsvorlage beim Amtsgericht eingereicht mit der Frage, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe.

Die Vorinstanzen

Daraufhin hat das Amtsgericht das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller die Ehe in Utah geschlossen haben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Standesamtsaufsicht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen zugelassene Rechtsbeschwerde.

Eheschließung über Videotelefonie in Deutschland unwirksam? Was sagt der BGH dazu?

Die Entscheidung

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Per Videotelefonie von Deutschland aus erfolgte Eheschließung im Inland unwirksam

Die per Videotelefonie von Deutschland aus erfolgte Eheschließung der Antragsteller vor einer Stelle in Utah sei im Inland unwirksam, so der BGH.

Formverstoß

Die streitgegenständliche Ehe könne im Inland gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden, so der BGH. Und zwar wären nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB die Erklärungen der Eheschließenden vor dem Standesbeamten abzugegeben. Insbesondere müssten die Eheschließenden die Erklärungen gemäß § 1311 Satz 1 BGB persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgeben. Das sei vorliegend nicht geschehen.

Ob es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um eine Eheschließung im Inland handelt, sei umstritten, so der BGH. Zu folgen sei insoweit des überwiegenden Teils der bislang veröffentlichten instanzgerichtlichen Rechtsprechung und eines Teils der Literatur. Danach bestehe in Einklang mit dem Beschwerdegericht die Meinung, dass auf die Abgabe der Erklärungen durch die Eheschließenden abzustellen sei. Und zwar handele es insoweit um eine Eheschließung im Inland, wenn die Abgabe der Erklärungen durch die Eheschließenden im Inland erfolgt sei.

Abgabe der Eheschließungserklärungen in Deutschland als wesentlicher Teil der der Eheschließung im Inland

Nach Maßgabe der Vorschrift des Art. 13 Abs. 4 EGBGB als lex specialis zu Art. 11 EGBGB finde die Eheschließung im Ausgangspunkt dort statt, wo die für ihre Wirksamkeit erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen werden. Für die Eheschließung sei nach dem maßgeblichen deutschen Rechtsverständnis materiellrechtlich der Konsens der Eheschließenden tragend. Danach sei auf die Abgabe der Eheschließungserklärungen abzustellen. Und zwar genüge die Abgabe einer Erklärung in Deutschland. Damit werde nämlich ein wesentlicher Teil der Eheschließung im Inland verwirklicht. Ein abweichender Ort des Zugangs der Eheschließungserklärungen oder der ausländische Sitz des Trauungsorgans, an das die Erklärungen übermittelt werden, stehe dem nicht entgegen. Und zwar würden die Mitwirkung des Standesbeamten (vgl. § 1310 BGB) und die Notwendigkeit höchstpersönlicher Erklärungen (vgl. § 1311 BGB) Formelemente darstellen, die für den Ort der Eheschließung nicht ausschlaggebend seien.

Der angemeldeten Eheschließung steht Online-Eheschließung wegen deren Unwirksamkeit nicht entgegenwegen

Und zwar habe danach die Missachtung der von Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vorgeschriebenen Inlandsform zur Folge, dass die Ehe als nicht geschlossen anzusehen sei. Danach sei die Online-Eheschließung im vorliegenden Fall unwirksam und stehe daher der angemeldeten Eheschließung nicht entgegen.

Eheschließung über Videotelefonie in Deutschland unwirksam? Was lernen wir daraus?

Im vorliegenden Fall wirkte sich die Entscheidung des BGH auf einen beim zuständigen Standesamt gestellten Eheschliessungsantrag insoweit aus, als dieser danach zulässig ist. Dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn der BGH die vor der Behörde in Utah vorgenommene Eheschliessung auch als im Inland wirksam angesehen hätte.

Weiterhin hat die Entscheidung des BGH in der vorliegenden Konstellation auch Auswirkungen auf Fälle einer beabsichtigten Ehescheidung. Angesichts dessen, dass eine derartige Eheschließung im Inland als unwirksam angewesehen würde, wäre dann ein entsprechender Ehescheidungsantrag nicht zulässig.

Auch auf Ansprüche familienrechtlicher Art (Unterhalt etc.), die das Bestehen einer wirksamen Ehe voraussetzen, würde sich die Entscheidung des BGH in einer der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Konstellation auswirken.

Quelle: Juris das Rechtsportal

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Marko Rummel

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Familienrecht

Ihr Anwalt für Familienrecht: Rechtsanwalt Marko Rummel: Eheschließung über Videotelefonie in Deutschland unwirksam? Dazu hat der BGH am 25.09.2024, Az. XII ZB 244/22, entschieden.

Ihr Anwalt für Familienrecht: Rechtsanwalt Marko Rummel: Eheschließung über Videotelefonie in Deutschland unwirksam? Dazu hat der BGH am 25.09.2024, Az. XII ZB 244/22, entschieden.