Eltern haften für Filesharing der Kinder? Dazu hat der BGH am 15.11.2012 – I ZR 74/12 -, Morpheus, entschieden. Und zwar haften Eltern für das illegale Filesharing eines 13-jährigen Kindes grundsätzlich dann nicht haften, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt hatten und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwiderhandelt.
Was ist passiert?
Der Sachverhalt
Eltern haften für Filesharing der Kinder? Zu dieser Frage hatte der BGH über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Zunächst zu den Klägerinnen als Parteien des Rechtsstreits zur Frage „Eltern haften für Filesharing der Kinder?“. Diese sind Tonträgerhersteller und Inhaber ausschließlicher urheberrechtlicher Nutzungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Bei den Beklagten handelt es sich um ein Ehepaar. Und zwar hatten sie den Internetanschluss auch ihrem damals 13 Jahre alten Sohn zur Verfügung gestellt. Ihrem Sohn hatten sie zu dessen 12. Geburtstag den gebrauchten PC des Beklagten zu 1 überlassen.
Nach den Ermittlungen eines von den Klägerinnen beauftragten Unternehmens wurden am 28. Januar 2007 wurden in einer Internettauschbörse unter einer bestimmten IP-Adresse 1147 Audiodateien angeboten. Und zwar zum kostenlosen Herunterladen. Die Klägerinnen stellten Strafanzeige gegen Unbekannt und teilten der Staatsanwaltschaft die IP-Adresse mit. Zur fraglichen Zeit war die IP-Adresse nach der im Ermittlungsverfahren eingeholten Auskunft des Internetproviders dem Internetanschluss der Beklagten zugewiesen.
Bei einer vom zuständigen Amtsgericht angeordneten Durchsuchung der Wohnung der Beklagten wurde am 22. August 2007 der PC des Sohnes der Beklagten beschlagnahmt. Auf dem Computer waren die Tauschbörsenprogramme „Morpheus“ und „Bearshare“ installiert; das Symbol des Programms „Bearshare“ war auf dem Desktop des PC zu sehen.
Nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ließen die Klägerinnen die Beklagten durch einen Rechtsanwalt abmahnen. Verbunden waren die Abmahnungen mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Die Beklagten gaben die Unterlassungserklärung ab. Sie weigerten sich jedoch, Schadensersatz zu zahlen und die Abmahnkosten zu erstatten.
Haften die Eltern bei Filesharing der Kinder? Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Beklagten seien wegen einer Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen der Musikstücke entstanden sei. Sie nehmen die Beklagten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von 15 Musikaufnahmen auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 200 € je Titel, insgesamt also 3.000 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 2.380,80 € in Anspruch.
Die Vorinstanzen
Eltern haften für Filesharing der Kinder? Das Landgericht und das Oberlandesgericht bejahten diese Frage im vorliegenden Fall.
Und zwar hatte das Landgericht der Klage zunächst stattgegeben.Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagten nach § 832 Abs. 1 BGB für den durch das illegale Filesharing ihres minderjährigen Sohnes entstandenen Schaden haften, weil sie ihre elterliche Aufsichtspflicht verletzt hätten. Und zwar hätten sie die Einhaltung der von ihnen aufgestellten Verhaltensregeln für die Internetnutzung nicht – wie von ihnen behauptet – kontrolliert.
Eltern haften für Filesharing der Kinder? Hätten die Beklagte auf dem Computer ihres Sohnes tatsächlich eine Firewall und ein Sicherheitsprogramm installiert, das bezüglich der Installation weiterer Programme auf „keine Zulassung“ gestellt gewesen wäre, hätte ihr Sohn die Filesharingsoftware nicht installieren können, so das Berufungsgericht. Wenn der Beklagte zu 1 den PC seines Sohnes monatlich überprüft hätte, hätte er die von seinem Sohn installierten Programme bei einem Blick in die Softwareliste oder auf den Desktop des Computers entdecken müssen.
Eltern haften für Filesharing der Kinder? Dazu der BGH:
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat im vorliegenden Fall die Frage „Haften die Eltern bei Filesharing der Kinder?“ verneint. Und zwar hat der BGH die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Haften die Eltern bei Filesharing der Kinder? Aufsichtspflicht über 13-jähriges Kind – Belehrung ausreichend?
Und zwar genügen Eltern nach Ansicht des BGH ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kindes wie folgt. Zunächst ist Voraussetzung, dass das Kind ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt. Sofern dies der Fall ist, genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht regelmäßig dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Nach diesen Maßstäben hätten die Beklagten ihrer Aufsichtspflicht dadurch genügt, dass sie ihrem Sohn die rechtswidrige Teilnahme an Internettauschbörsen nach einer entsprechenden Belehrung verboten und mit ihren Kindern immer wieder über das Thema des illegalen Downloads von Musik und Filmen aus dem Internet diskutiert und ihnen dies ausdrücklich untersagt haben, so der BGH.
Keine weitergehende Verpflichtung?
Dagegen besteht keine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren. Und zwar sind nach Ansicht des BGH Eltern zu derartigen Maßnahmen erst dann verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 193/2012 vom 15. November 2012
Eltern haften für Filesharing der Kinder? Siehe auch:
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