Haften Eltern für ihre radfahrenden Kinder? Dazu hat am 07.02.2018 das LG Koblenz zu Az. 13 S 2/18 entschieden. Und zwar haftet der Aufsichtspflichtige nicht, wenn Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren beim Fahrradfahren zu dicht an geparkte Autos geraten und Schäden verursachen, so das LG Koblenz.
Was ist passiert?
Sachverhalt
Haften Eltern für ihre radfahrenden Kinder? Zu dieser Frage hatte das LG Koblenz über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Am Schadentag waren zwei Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren mit ihren Fahrrädern zu einem nahegelegen Spielplatz unterwegs. Sie fuhren dabei auf Anweisung ihrer Eltern auf der wenig befahrenen Straße und nicht auf dem Gehweg und touchierten bei einem Wettrennen zum Spielplatz mehrere parkende Autos. Dabei entstand ein Schaden i.H.v. fast 8.000 Euro, weil die Gummiüberzüge an den Griffenden der Fahrräder fehlten bzw. defekt waren. Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen, welches die Schäden an den Fahrzeugen ersetzt hatte. Die klagende Geschädigte nahm nun die beklagte Mutter, die am Schadentag die Aufsicht über die beiden Kinder ausübte, in Regress und reichte wegen des hälftigen Betrages Klage beim Amtsgericht ein.
Ansichten von Klägerin und Beklagter
Haften Eltern für ihre radfahrenden Kinder? Nach Auffassung der klagenden Geschädigten hat die beklagte Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt, da sie die beiden Kinder habe unbeaufsichtigt Fahrrad fahren lassen. Weil die Kinder gemäß § 2 Abs. 5 StVO Kinder bis zur Vollendung des achten Lebensjahres mit Fahrrädern zwingend den Gehweg benutzen müssten, seien sie falsch instruiert worden. Auch seien die Fahrräder nicht ordnungsgemäß mit Gummistopfen ausgestattet gewesen. Dem hielt die beklagte Mutter entgegen, den Kindern sei der Weg zum Spielplatz bekannt gewesen. Außerdem seien sie über die Gefahren des Straßenverkehrs aufgeklärt und darüber informiert gewesen, wie sie sich zu verhalten hätten. Auch sei in regelmäßigen Abständen eine Beobachtung der Kinder erfolgt.
Was sagt das Amtsgericht?
Haften Eltern für ihre radfahrenden Kinder? Mit der Begründung, dass die beklagte Mutter ihrer Aufsichtspflicht genügt habe, hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Mit sechs und sieben Jahren hätten sich die Kinder in einem Alter befunden, in welchem diese an die Teilnahme am Straßenverkehr hätten herangeführt werden sollen. Die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass die Kinder die örtlichen Begebenheiten gekannt hätten und im Rahmen der Verkehrserziehung in Kindergarten und Schule über die richtigen Verhaltensweisen aufgeklärt worden seien. Auch wenn die Kinder lediglich den Gehwegbereich befahren hätten, wären die Schäden entstanden. Gummistopfen an den Lenkerenden gehörten im Übrigen nicht zur erforderlichen Ausstattung eines Fahrrades.
Gegen dieses Urteil legte die klagende Geschädigte Berufung ein.
Haften Eltern für ihre radfahrenden Kinder? Dazu das LG Koblenz:
Die Berufung der klagenden Geschädigten hat das LG Koblenz zurückgewiesen.
Maßgaben
Das Maß der gebotenen Aufsicht bei Minderjährigen richtet sich nach Auffassung des Landgerichts u.a. nach deren Alter, Eigenart und Charakter des Kindes, seinem örtlichen Umfeld, dem Ausmaß der drohenden Gefahren, der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Kinder erfahrungsgemäß dazu neigten, Vorschriften und Anordnungen zu missachten und sich unbesonnen zu verhalten. Andererseits bestehe das Ziel, sie zu selbständigem und selbstverantwortlichem Handeln zu erziehen. Der beklagten Mutter könne nach diesem Maßstab vorliegend keine Aufsichtspflichtverletzung vorgeworfen werden.
Haften Eltern für ihre radfahrenden Kinder? Wie ist es konkret?
Der Beklagten könne nach diesem Maßstab vorliegend keine Aufsichtspflichtverletzung vorgeworfen werden. Zu berücksichtigen sei insoweit zunächst, dass die beiden Schulkinder eine ihnen bekannte, wenig befahrene Straße zu einem nahegelegenen Spielplatz befahren hätten. Außerdem sei eine Verkehrserziehung bereits erfolgt und die Beobachtung durch die Beklagte gewährleistet gewesen.
Was ist nicht zu berücksichtigen?
Haften Eltern für ihre radfahrenden Kinder? Die Klägerin könne sich auf § 2 Abs. 5 StVO nicht berufen, da die Vorschrift nicht bezwecke, Dritte vor Schäden durch Kinder zu bewahren. Sie bezwecke lediglich den Schutz fahrradfahrender Kinder vor schnelleren Verkehrsteilnehmern. Ebenfalls existiere eine Verpflichtung, nur mit intakten Gummistopfen an den Lenkerenden Fahrrad zu fahren, nicht. Letztlich beruhten die Schäden auf dem eigenmächtigen Entschluss der Kinder, ein „verkehrswidriges“ Wettrennen zu veranstalten.
Nach diesen Hinweisen hat die Klägerin die Berufung zurückgenommen.
Damit ist die Entscheidung des Amtsgerichts rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz Nr. 5/2018 v. 07.05.2018 und Juris das Rechtsportal
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