Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen wirksam? Dazu hat der BGH am 06.10.2021, XI ZR 234/20, entschieden. Und zwar hat der BGH in diesem Zusammenhang über die Revisionen des Musterklägers, eines Verbraucherschutzverbands, und der Musterbeklagten, einer Sparkasse, gegen das Musterfeststellungsurteil des OLG Dresden vom 22.04.2020 entschieden.
Was ist passiert?
Darum geht es in den Prämiensparverträgen
Seit dem Jahr 1994 schloss die beklagte Sparkasse mit Verbrauchern sogenannte Prämiensparverträge ab. Diese Prämiensparverträge sahen eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach gestaffelte verzinsliche Prämie vor. Und zwar bis zu 50% der jährlichen Spareinlage ab dem 15. Sparjahr. Dazu heißt es in den Vertragsformularen u.a.:
„Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit .. % p.a. verzinst.“
Weiter heißt es in den in die Sparverträge einbezogenen „Bedingungen für den Sparverkehr“:
„Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum bekannt gegebenen Zinssatz. Für bestehende Spareinlagen tritt eine Änderung des Zinssatzes, unabhängig von einer Kündigungsfrist, mit der Änderung des Aushangs in Kraft, sofern nichts anderes vereinbart ist.“
Die Regelungen zur Änderung des variablen Zinssatzes sind nach Ansicht des Musterklägers unwirksam. Weiterhin hält der Musterkläger die während der Laufzeit der Sparverträge von der Musterbeklagten vorgenommene Verzinsung der Spareinlagen für zu niedrig.
Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen wirksam? Die Feststellungsziele
Mit seiner Musterfeststellungsklage verfolgt der Musterkläger sieben Feststellungsziele. Im Einzelnen begehrt er die Feststellung der Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel, die Bestimmung eines Referenzzinssatzes und eines monatlichen Zinsanpassungsintervalls. Weiterhin begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, die Zinsanpassungen nach der Verhältnismethode vorzunehmen. Außerdem möchte der Musterkläger festgestellt haben, dass die Ansprüche der Verbraucher auf Zahlung von weiteren Zinsbeträgen frühestens ab der wirksamen Beendigung der Sparverträge fällig werden.
Weiterhin begehrt der Musterkläger mit seiner Klage die Feststellung, dass mit der Kenntnis der Höhe der tatsächlich vorgenommenen Zinsgutschriften im Sparbuch keine den Verjährungslauf in Gang setzende Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnisder den Anspruch auf Zahlung von weiteren Zinsbeträgen begründenden Umstände verbunden ist. Als letztes möchte der Musterkläger festgestellt haben, dass die widerspruchslose Hinnahme der Zinsgutschriften im Sparbuch nicht dazu führt, dass das Umstandsmoment für eine Verwirkung der Ansprüche der Verbraucher auf Zahlung von weiteren Zinsbeträgen gegeben ist.
Der Musterfeststellungsklage hat das OLG Dresden mit Musterfeststellungsurteil vom 22. April 2020 – 5 MK 1/19teilweise – stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Musterkläger seine Feststellungsziele im Umfang der vom Oberlandesgericht abgewiesenen Klage weiter.
Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen wirksam? Dazu der BGH
Teilweise Aufhebung des Musterfeststellungsurteils des Oberlandesgerichts
Auf die Revision des Musterklägers hat der XI. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs das Musterfeststellungsurteil des Oberlandesgerichts aufgehoben, soweit dieses keinen für die Höhe der variablen Verzinsung maßgebenden Referenzzinssatz bestimmt hat.
Gründe für die Aufhebung des Musterfeststellungsurteils des OLG Dresden
Nach der Entscheidung des ist die angegriffene Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität der Verzinsung der Spareinlagen unwirksam. Weiterhin ist nach Ansicht des BGH die in den Prämiensparverträgen insoweit entstandene Regelungslücke durch eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 155 BGB zu schließen. Deshalb hat der BGH die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Darüber hinaus hat der BGH entschieden, dass die Zinsanpassungen von der Musterbeklagten monatlich und unter Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstands des Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz (Verhältnismethode) vorzunehmen sind.
Außerdem hat der BGH entschieden, dass Ansprüche der Verbraucher auf Zahlung von weiteren Zinsbeträgen frühestens mit Beendigung der Sparverträge fällig werden.
Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen wirksam? Zurückweisung im Übrigen
Die weiteren Feststellungsziele zu Teilaspekten der Verjährung und Verwirkung hat hat der BGH jeweils als unzulässig zurückgewiesen.
Quellen: Pressemitteilung des BGH Nr. 182/2021 v. 06.10.2021 und Juris das Rechtsportal
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Siehe auch:
Entscheidung des BGH zum Referenzzins in Prämiensparverträgen
Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Bearbeitungsentgelten am 13.05.2014
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