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Individualbeitrag bei Verbraucherdarlehen unwirksam? Dazu hat das OLG Düsseldorf am 28.04.2016, I-6 U 152/15, entschieden. Und zwar unterliege die in den AGB eines Kreditinstitus für den Abschluss von Privatkreditverträgen enthaltene Bestimmung, wonach beim Abschluss des sogenannten Individual-Kredits als Entgelt ein „einmaliger laufzeitunabhängiger Individualbeitrag“ verlangt wird, der richterlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB, halte dieser nicht stand und sei daher im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, so das OLG. Das Kreditinstitut verlange dieses Entgelt nicht deshalb aufgrund einer Individualvereinbarung, weil sich der Kunde zwischen einem Basis-Kredit und dem Individual-Kredit entscheiden könne und nur bei letzterem der Individualbeitrag verlangt werde. Die beim BGH anhängige Revision in der Sache XI ZR 231/16 („Individualbeitrag“ bei Verbraucherdarlehen) wurde von der beklagten Bank zurückgenommen.

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Individualbeitrag bei Verbraucherdarlehen unwirksam? Zu dieser Frage hatte das OLG Düsseldorf über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, der sich mit der beklagten Bank streiten über die Wirksamkeit einer in den Vorvertraglichen Informationen zu dem sog. „Individual-Kredit“ der Beklagten und den dazugehörigen Kreditvertragsformularen enthaltenen Regelung streitet. Die betreffenden Kreditvertragsformulare der beklagten Bank sehen vor:

„einmaliger laufzeitunabhängiger Individualbeitrag   xxx EUR“

In den Kreditvertragsformularen heisst es weiter:

„Zusätzliche Leistungen des Individual-Kredits:Das Produktangebot „Individual-Kredit“ umfasst neben der Kreditbereitstellung folgende zusätzliche Leistungen:

– kostenlose Zahlungsplanänderungen, d.h. Änderung der monatlichen Ratenhöhe unter Beibehaltung der vereinbarten Laufzeit bei nicht rückständigen Krediten

– einmal jährlich kostenlose Verschiebung der Ratenfälligkeit um bis zu 15 Tage bei nicht rückständigen Krediten, wenn sich das Datum der Gehaltszahlung verändert

– kostenlose Sonderzahlungen bis zu 80 % des aktuellen Kreditsaldos

– bei gegenüber dem Herauslagezeitpunkt unveränderter Bonität ist alle 12 Monate eine Ratenpause möglich, Voraussetzung ist kein Zahlungsrückstand und pünktliche Zahlung der letzten, vor der auszusetzenden Rate fälligen 11 Raten

– 28 Tage Rückgaberecht, das heißt nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist sind Sie berechtigt, innerhalb einer weiteren Frist von zwei Wochen von dem Kreditvertrag zurückzutreten, wenn Sie den gesamten Nettokreditbetrag innerhalb dieser weiteren Frist vollständig zurückzahlen“

Auffassung Kläger

Von Klägerseite vertritt die Auffassung, dass die angegriffene Klausel gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle unterliege und dieser nicht standhalte. Soweit die Beklagte geltend mache, dass mit dem Individualbeitrag die im Rahmen des Individual-Kredits zusätzlich angebotenen (Zusatz-)Leistungen abgegolten werden sollten, sei dieses Auslegungsergebnis aus der Sicht des verständigen Durchschnittskunden nicht zwingend.

Vielmehr ergebe sich bei Anwendung der Auslegungsgrundsätze auch ein Verständnis dahingehend, dass der Individualbeitrag unabhängig von einer Zusatzleistung erhoben werde, so wie es ausweislich der Vorvertraglichen Informationen der Fall sei. Dort würden weitergehende Informationen nicht mitgeteilt.

Auffassung Beklagte

Die Beklagte vertritt die Auffassung, es handele sich weder bei der Vereinbarung über die Zahlung eines Individualbeitrages noch bei der entsprechenden Regelung in den Vorvertraglichen Informationen um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Kunde könne bei Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages zwischen einem Basis-Kredit mit einer rein laufzeitabhängigen Vergütung und einem Individual-Kredit mit einer Mischform zwischen laufzeitabhängiger und laufzeitunabhängiger Vergütung wählen.

Dies sei zulässig, die Regelungen des § 488 BGB seien auch Verbrauchern gegenüber dispositiv. Das Vorliegen einer Individualvereinbarung werde in der Literatur gerade für den hier vorliegenden Fall anerkannt, dass einem Kunden zwei unterschiedliche Vertragsmodelle angeboten würden. Es liege dann kein einseitiges „Stellen“ des Einmalentgeltes vor, weil dieses durch die alternativ angebotene Entgeltgestaltung ernsthaft zur Disposition gestellt werde. Hier habe der Kunde auf demselben Formular die Wahl zwischen den beiden Varianten.

Individualbeitrag bei Verbraucherdarlehen unwirksam? Die Vorinstanz

Und zwar hat das Landgericht Düsseldorf die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Individualbeitrag bei Verbraucherdarlehen unwirksam? Das LG bejahte diese Frage im vorliegenden Fall. Dem Kläger stehe deshalb der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 4 UklaG i. V. m. § 307 Abs. 1, 2 BGB zu, so das LG. Sowohl die Vertragsklausel als solche als auch die Formulierung in den Vorvertraglichen Informationen stellten Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Der bloße Umstand, dass die Kunden im Rahmen eines Beratungsgesprächs eine Auswahl zwischen zwei Vertragstypen treffen könnten und nach der Auswahl eines bestimmten Vertragstyps einzelne Vertragsbestandteile (insb. Sollzins in Abhängigkeit zu den persönlichen Verhältnissen und Individualbeitrag) nach Rücksprache mit dem Kunden festgelegt würden, stehe der Annahme vorformulierter Vertragsbedingungen nicht entgegen.

Individualbeitrag bei Verbraucherdarlehen unwirksam? Dazu das OLG Düsseldorf

Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf hat die Berufung der Beklagten gegen das am 08.07.2015 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.

Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3

Und zwar unterliege die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstitutes für den Abschluss von Privatkreditverträgen enthaltene Bestimmung, wonach beim Abschluss des sogenannten Individual-Kredits als Entgelt ein „einmaliger laufzeitunabhängiger Individualbeitrag“ verlangt wird, der richterlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB, halte dieser nicht stand und sei daher im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Das Kreditinstitut verlange dieses Entgelt nicht  deshalb aufgrund einer Individualvereinbarung, weil sich der Kunde zwischen einem Basis-Kredit und dem Individual-Kredit entscheiden kann und nur bei letzterem der Individualbeitrag verlangt wird. Dass die Kunden die Möglichkeit haben, den Basis-Kreditvertrag abzuschließen, bei welchem der Individualbeitrag nicht zu zahlen ist, ändere nichts. Und zwar ändere dies deshalb nichts, weil mit dieser Begründung jede Allgemeine Geschäftsbedingung unter Hinweis auf deren Fehlen in einer anderen dem Kunden zugänglichen Vertragsvariante desselben oder eines anderen Anbieters derselben Dienstleistung zur im Einzelnen ausgehandelten Vertragsbedingung gemacht werden. Und zwar könnte allein dadurch ansonsten jede Geschäftsbedingung der Wirksamkeitskontrolle entzogen werden könnte. Dies widerspreche Sinn und Zweck der §§ 307 ff. BGB.

Dementsprechend sei anerkannt, dass es sich auch dann um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, wenn der Kunde zwischen mehreren vorformulierten Regelungsalternativen wählen kann. Und zwar mache die Eröffnung von Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren vorformulierten Vertragsbedingungen die vom Kunden gewählte Alternative grundsätzlich noch nicht zur Individualabrede.

Individualbeitrag bei Verbraucherdarlehen unwirksam? Kein Preis für eine vertragliche Hauptleistung oder Entgelt für Sonderleistung

Die Klausel enthalte weder eine kontrollfreie und zulässige Bestimmung über den Preis der vertraglichen Hauptleistung, noch regelt sie ein Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung des Kreditinstituts. Und zwar stehe Ersterem steht die laufzeitunabhängige Ausgestaltung des Entgelts entgegen. Selbst unter Berücksichtigung der „zusätzlichen Leistungen“ gegenüber dem Individual-Kreditnehmer fehlt es an einer der separaten Vergütungspflicht zugänglichen „echten“ Sonderleistung, weil keine der „zusätzlichen Leistungen“ des Individual-Kredits nicht aufgrund vertraglicher Treuepflicht oder auf gesetzlicher Grundlage erfolgt.

Individualbeitrag bei Verbraucherdarlehen unwirksam? Unangemessene Benachteiligung

Die unangemessene Benachteiligung der Verbraucher werde durch die Abweichung von dem gesetzlichen Leitbild des § 488 BGB indiziert. Und zwar lägen keine Gründe vor, die die Klausel bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen lassen. Insbesondere ergebe sich dies unter Berücksichtigung verschiedener sich bei einem Vergleich der Konditionen des Basis-Kredits und der Gesetzeslage ergebender Nachteile für den Individual-Kreditnehmer.

Update: Revsion

Die beim BGH anhängige Revision in der Sache XI ZR 231/16 („Individualbeitrag“ bei Verbraucherdarlehen) wurde von der beklagten Bank zurückgenommen. Individualbeitrag bei Abschluss eines Verbraucherdarlehens unwirksam? Und zwar ist das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf nach Zurücknahme der von der Beklagten eingelegten Revision rechtskräftig.

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofsund Juris das Rechtsportal

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

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