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Kündigung eines Berufskraftfahrers bei Verlust der Fahrerlaubnis? Dazu hat das Hessische LArbG am 01.06.2011, Az. 10 Sa 245/11, entschieden. Danach war bei einem Berufskraftfahrer, der bei einer privaten Autofahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,36 Promille ertappt wurde, eine ordentliche personenbedingte Kündigung gerechtfertigt, so das LArbG. Und zwar nach Ansicht des LArbG ein Kraftfahrer, der seine Fahrerlaubnis verliert, sogar damit rechnen, dass das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt wird.

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Kündigung eines Berufskraftfahrers bei Verlust der Fahrerlaubnis? Zu dieser Frage hatte das Hessische Landesarbeitsgericht über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Der 1960 geborene, verheiratete klagende Arbeitnehmer arbeitete seit 1997 bei seinem Arbeitgeber als Kraftfahrer (Lkw-Fahrer). Er ist mit einem Grad von 50 schwerbehindert und wiegt bei einer Körpergröße von 192 cm nur 64 kg. Ab Herbst 2009 war er arbeitsunfähig erkrankt. Im Mai 2010 begann eine Wiedereingliederung, die bis Juni 2010 dauern sollte.

Anfang Juni 2010 wurde der klagende Arbeitnehmer bei einer privaten Autofahrt mit 1,36 Promille Alkohol im Blut von der Polizei kontrolliert. Ihm wurde der Führerschein entzogen. Es erging außerdem ein Strafbefehl.

Im Juli 2010 kündigte der Arbeitgeber deshalb ordentlich zum 30. September 2010. Mit der dagegen erhobenen Klage wandte der Arbeitnehmer ein, er habe wegen seiner Erkrankung und seines extremen Untergewicht vor der Trunkenheitsfahrt nicht einschätzen können, wie sich die Alkoholkonzentration in seinem Blut entwickeln würde. Außerdem sei kein Schaden entstanden. Seit Juni 2011 sei er auch wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis.

Das ArbG Kassel

Kündigung eines Berufskraftfahrers bei Verlust der Fahrerlaubnis? Das ArbG Kassel hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. Juli 2010 zum 30. September 2010 aufgelöst worden. Diese Kündigung, so das Arbeitsgericht, sei sozial gerechtfertigt, da sie durch Gründe, die in der Person des Klägers liegen, bedingt ist § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

Kündigung eines Berufskraftfahrers bei Verlust der Fahrerlaubnis – was sagt das Hessische Landesarbeitsgericht dazu?

Kündigung eines Berufskraftfahrers bei Verlust der Fahrerlaubnis?

Die Entscheidung

Die Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien ist, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, durch die ordentliche Kündigung der beklagten Arbeitgeberin vom 27. Juli 2010 zum 30. September 2010 aufgelöst worden, so das Hessische Landesarbeitsgericht. Dies habe bereits das Arbeitsgericht Kassel (Urt. v. 21. Dezember 2010 – 6 Ca 325/10) als Vorinstanz zutreffend festgestellt. Kündigung eines Berufskraftfahrers bei Verlust der Fahrerlaubnis? Diese Kündigung sei, so das Hessische Landesarbeitsgericht, sozial gerechtfertigt, da sie durch Gründe, die in der Person des klagenden Arbeitnehmers liegen, bedingt ist, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

Personenbedingte Kündigung

Als personenbedingte Gründe, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen können, kommen solche Umstände in Betracht, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden „Störquelle“ beruhen. Eine personenbedingte Kündigung kann insbesondere sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Arbeitsvertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist.

Der Verlust einer Fahrerlaubnis könne bei einem Kraftfahrer einen solchen personenbedingten Grund zur Kündigung und zwar auch einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen, so das Landesarbeitsgericht. Der Verlust des Führerscheins habe ein gesetzlichen Beschäftigungsverbot zu Folge. Und zwar könner der Arbeitnehmer ohne Führerschein seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Kraftfahrer nicht mehr erbringen. Aufgrund des Verlustes der Fahrerlaubnis sei sie ihm rechtlich unmöglich geworden

Interessenabwägung

Die ordentliche Kündigung habe auch im Rahmen der Interessenabwägung Bestand.

Zugunsten des Klägers sei das bereits dreizehneinhalbjährige Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen.

Andererseits müsse der Kläger als langjähriger Kraftfahrer um die tatsächlichen und rechtlichen Risiken des Alkoholkonsums im Straßenverkehr wissen. Und zwar war nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts besonders unverantwortlich, dass der Kläger sich trotz gerade überstandener schwerer Erkrankung und extremen Untergewichts alkoholisiert in den Straßenverkehr begeben hat. Auf die Entstehung eines Schadens komme es nicht an.

Kündigung eines Berufskraftfahrers bei Verlust der Fahrerlaubnis? Wer als Kraftfahrer seine Fahrerlaubnis verliert, müsse sogar damit rechnen, dass das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt wird. Die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung sei unmöglich geworden. Die Erkrankung des Klägers und sein Untergewicht wie auch seine lange Beschäftigungszeit stünden einer Kündigung nicht entgegen.

Ohne Bedeutung war auch die Tatsache, dass der Kläger inzwischen wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. Es komme auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung an. Und zwar sei zu diesem Zeitpunkt gänzlich ungewiss gewesen, ob und wann der Kläger seine Fahrerlaubnis zurückerhalte. Das Arbeitsverhältnis hätte jedenfalls neun Monate nicht durchgeführt werden können.

Resümee

Das alles genüge, um das Arbeitsverhältnis mit ordentlicher Frist zu beenden.

Quellen: Pressemitteilung des Hessischen Landesarbeitsgerichts Nr. 12/11 und Juris das Rechtsportal

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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