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Kündigung des Chefarztes wegen Wiederheirat? Dazu will das BAG dem EuGH Fragen zu Auslegung einer EU-Richtlinie vorlegen. Und zwar hat das BAG hat am 28.07.2016, Az.: 2 AZR 746/14 (A) entschieden, dass der EuGH nach Art. 267 AEUV um die Beantwortung von Fragen zur Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16) ersucht werden soll.

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Der beklagte Arbeitgeber ist Träger mehrerer Krankenhäuser und institutionell mit der römischkatholischen Kirche verbunden. Der klagende Arbeitnehmer ist Katholik und war bei dem beklagten Arbeitgeber seit dem Jahr 2000 als Chefarzt beschäftigt. Den Dienstvertrag schlossen die Parteien unter Zugrundelegung der vom Erzbischof von Köln erlassenen Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse vom 23.09.1993 (GrO 1993).

Zur Frage, ob die Kündigung des Chefarztes als klagenden Arbeitnehmer wegen Wiederheirat möglich ist, beruft sich der beklagte Arbeitgeber zunächst auf Art. 5 Abs. 2 der GrO 1993. Danach handelte es sich beim Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe um einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen konnte. Die Weiterbeschäftigung war grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Loyalitätsverstoß von einem leitenden Mitarbeiter begangen wurde (Art. 5 Abs. 3 GrO 1993). Zu diesen zählen nach kirchlichem Recht auch Chefärzte. Der Kläger heiratete nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau im Jahr 2008 ein zweites Mal standesamtlich. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.03.2009 ordentlich zum 30.09.2009.https://raheinemann.de/kuendigung-wegen-wiederheirat-nach-scheidung-als-diskriminierung/

Hiergegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage gewandt und gemeint, seine erneute Eheschließung vermöge die Kündigung nicht zu rechtfertigen. Bei evangelischen Chefärzten bleibe eine Wiederheirat nach der GrO 1993 ohne arbeitsrechtliche Folgen.

Die Vorinstanzen

Wie beantworteten die Vorinstanzen die Frage, ob die streitbefangene Kündigung des Chefarztes als klagenden Arbeitnehmer wegen Wiederheirat rechtmäßig war? Die Vorinstanzen, zuletzt das LArbG Düsseldorf, Urt. v. 01.07.2010 – 5 Sa 996/09, hatten die Rechtmäßigkeit verneint und der Klage stattgegeben. Das die Revision der Beklagten zurückweisende Urteil des BAG vom 08.09.2011 (2 AZR 543/10) hat das BVerfG durch Beschluss vom 22.10.2014 (2 BvR 661/12) aufgehoben und die Sache an das BAG zurückverwiesen.

Kündigung des Chefarztes wegen Wiederheirat? Dazu will das BAG dem EuGH Fragen vorlegen:

Das BAG hat entschieden, den EuGH nach Art. 267 AEUV um die Beantwortung von Fragen zur Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16) zu ersuchen.

Erheblich ist für das BAG, ob die Kirchen als Arbeitgeber nach dem Unionsrecht bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten unterscheiden dürfen zwischen Arbeitnehmern, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören.


Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 39/2016 v. 28.07.2017und Juris das Rechtsportal

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Kündigung des Chefarztes wegen Wiederheirat? Dazu will das BAG dem EuGH Fragen zu einer EU-Richtlinie vorlegen. Fragen Sie den Anwalt für Kündigungsschutzrecht in unserer Kanzlei