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Doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag unwirksam? Dazu hat das BAG mit Urteil vom 20.05.2008, Az. 9 AZR 382/07, entschieden. Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertragsklauseln seien gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorrang, so das BAG.

Was ist passiert?

Der Sachverhalt

Doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag unwirksam? Zu dieser Frage hatte das BAG über den folgenden Sachverhalt entschieden:

Der klagende Arbeitnehmer war von Mai 2002 bis zum 31. März 2006 für die beklagte Arbeitgeberin als Büroleiter in China mit dortigem Wohnsitz beschäftigt. Die beklagte Arbeitgeberin erstattete ihm und den anderen dort tätigen Mitarbeitern die Kosten für die Miete. Ab August 2005 verweigerte sie gegenüber dem mittlerweile gekündigten klagenden Arbeitnehmer die Fortsetzung dieser Übung unter Berufung auf die im Arbeitsvertrag enthaltene Schriftformklausel. Nach dem Formulararbeitsvertrag bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sowie der Verzicht auf das Schriftformerfordernis der Schriftform.

Die Vorinstanz

Doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag unwirksam? Das Landesarbeitsgericht hatte dies im vorliegenden Fall bejaht zuletzt der Klage stattgegeben.

Doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag unwirksam? Dazu das BAG:

Die Entscheidung

Der Neunte Senat hat ebenso wie das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertragsklauseln seien gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorrang, so das BAG.

Doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag unwirksam? Schriftformklausel zu weit gefasst

Der Erstattungsanspruch des klagenden Arbeitnehmers folge aus betrieblicher Übung. Die Schriftformklausel sei zu weit gefasst und daher gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie erweckt beim Arbeitnehmer entgegen der Schutzvorschrift des § 305b BGB den Eindruck, auch eine mündliche individuelle Vertragsabrede sei wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. § 125 Satz 2 BGB unwirksam. Das entspricht nicht der wahren Rechtslage, weil gemäß § 305b BGB individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben. Dieses Prinzip des Vorrangs (mündlicher) individueller Vertragsabreden setzt sich auch gegenüber doppelten Schriftformklauseln durch. Eine zu weit gefasste doppelte Schriftformklausel sei irreführend und benachteiligt den Vertragspartner deshalb unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB.

Der Vorrang von Individualabreden gemäß § 305b BGB erfasst zwar nicht betriebliche Übungen. Aber eine zu weit gefasste Schriftformklausel muss insgesamt als unwirksam angesehen werden.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 39/08)

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Rolf Heinemann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwalt Rolf Heinemann: Doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag unwirksam? Dazu hat das BAG mit Urteil vom 20.05.2008, Az. 9 AZR 382/07, entschieden. Fragen Sie den Anwalt für Arbeitsrecht in unserer Kanzlei